So umweltfreundlich ist unsere Kunstszene tatsächlich

Abgedunkelte klimatisierte Räume, lange Reisen, große Auktionen, … das und viel mehr verbinden wir mit Kunst. Aber können wir das mit den aktuell steigenden Temperaturen und Umweltkatastrophen noch vertreten? Können wir CO2 ausstoßende Museen und von weitem angereiste Kunstwerke mit unserem Gewissen vereinbaren? Und was ist eigentlich Klimakunst? 

In diesem Beitrag erfährst du, wie die Kunstszene zum Thema Nachhaltigkeit steht, warum es ganz dringend einem Umdenken bedarf und warum auch in dieser Branche der Schein oftmals trügt. 

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Klimawandel spielt sowohl aktiv als auch passiv eine große Rolle im Kunstsektor.
  • Viele Künster*innen versuchen mit ihrer Kunst auf den Klimawandel aufmerksam zu machen.
  • Kunst ist ein mächtiges Tool, um Aufsehen zu erregen und auf die Umweltproblematik aufmerksam zu machen.
  • Museen, Ausstellungen, Messen und Kunstreisen sind wahre Umweltverschmutzer.
  • Viele Museen haben ambitionierte Klimaziele gesetzt und versuchen in den kommenden Jahren die Klimaneutralität zu erreichen.
  • Durch die steigende Digitalisierung ist der virtuelle Zugang zu Kunst vereinfacht worden und es müssen keine langen Reisen mehr angetreten werden.

Definition: was ist Kunst?​

Wenn wir an Kunst denken, dann denken wir meistens an “schöne Künste”, also bspw. alte, ehrwürdige Gemälde oder Skulpturen, die in großen Museen oder Galerien hängen, keiner Sonneneinstrahlung ausgesetzt werden dürfen und bei einer ganz bestimmten Temperatur gelagert werden müssen. Das stimmt zwar, allerdings ist Kunst viel mehr. Laut Duden ist Kunst einschöpferisches Gestalten aus den verschiedensten Materialien oder mit den Mitteln der Sprache, der Töne in Auseinandersetzung mit Natur und Welt” (vgl. Duden, o.D.).

Welche Arten von Kunst gibt es?​

Hier eine Auflistung was Kunst sein kann, die Liste ist jedoch um ein Vielfaches länger:

  • Bildende Kunst (Bildhauerei, Installationen, Objekte, Architektur)
  • Malerei (Abstrakte, Abstrahierte, figurative Kunst, etc.)
  • Fotografie
  • Darstellende Kunst (Tanz, Musik, Theater)
  • Literatur & Dichtkunst
  • Musik
Bild: Mitchell Luo / Unsplash

Kunst in Zeiten des Klimawandels​

Überflutungen, Vermurungen und Waldbrände gehören (im Sommer) 2021 zu den Daily News. Die Temperaturen steigen weit über die 30 Grad, Hagelstürme und Unwetter folgen. Der Klimawandel hat verheerende Folgen für Mensch, Umwelt und Natur: die Polkappen schmelzen, der Meeresspiegel steigt, es kommt zu schlimmen Wetterkapriolen und zum Artensterben (vgl. Europäische Union, o.D). 

Das Thema Klimawandel wird mittlerweile in vielen Bereichen behandelt, sowie auch im Kunstsektor. Es findet ein Umdenken statt, wodurch viele Künstler*innen mit ihren Werken auf die Problematik des Klimawandels aufmerksam machen, provozieren und ein Statement setzen. Kunst kann das Thema sinnlich erfahrbar machen und neue Perspektiven eröffnen (vgl. Ebert & Zell, 2014). Denn gerade der Kunstsektor ist nach wie vor wenig klimafreundlich, denkt man an die vielen Reisen, die speziellen Lagervarianten, den CO2 Ausstoß großer Museen oder Kunstinstallationen die anschließend weggeworfen werden (nur um ein paar zu nennen).

Klimakunst: Mehr Schein als Sein​

Während manch ein Künstler mit recycelten Materialien – wie bspw. Plastik aus dem Meer – auf den Klimawandel und die Umweltverschmutzung aufmerksam macht, schlagen andere einen etwas aufsehenerregenderen Weg ein, der vor allem in den Medien Wellen schlägt. 2018 haben die beiden Künstler Olafur Eliasson und Minik Rosing anlässlich des Pariser Klima-Abkommens 24 Eisklötze vor der Tate Modern in London platziert und sie “dahinschmelzen” lassen. Die Eisbrocken wurden zuvor aus Grönland per Schiff angeschafft und sollten auf die schmelzenden Polkappen aufmerksam machen. Die Künstler selbst ließen sich die CO2 Emission des Projekts  (Transportkosten & Flugreise des Teams) Ice Watch berechnen und kamen dabei auf 55 Tonnen Treibhausgase, das entspricht einer Flugreise von 2 Schulklassen von London nach Grönland und zurück. Die mediale Präsenz hingegen erreichte zehntausende Menschen (vgl. Rakow, 16.05.21). 

Nun stellt sich die Frage, ob es vertretbar ist, mit einer solchen Aktion auf das Thema Klimaerwärmung aufmerksam zu machen? Durch die 55 Tonnen verbrauchtes CO2 hätten nur 2 Schulklassen die schmelzenden Polkappen gesehen, durch den Transport nach London konnten aber viele Tausend erreicht werden…

Da sich auf unserem Blog alles um das Thema Greenwashing dreht, haben wir hier noch ein paar Punkte für dich, die zum Nachdenken anregen sollen und du dir selbst Gedanken dazu machen kannst: 

  • Wir leben vegan, fahren mit dem Fahrrad und kaufen Second Hand ein, tanzen aber im Club zu einem DJ der für einen Auftritt um die halbe Welt geflogen ist oder feiern eine erfolgreiche Band die Stadien füllt und Pyrotechnik en masse benutzt.
  • Bands pflanzen als Kompensation für Tourneen Bäume, die kurze Zeit später eingehen oder posaunen wichtige Slogans raus, fliegen aber das Equipment um die halbe Welt, was so viel CO2 verbraucht wie wenn man die ganze Crew auf den Mars schicken würde (vgl. Benkeser, 2019).
  • Kunstwerke aus recyceltem Material oder zum Thema Klimawandel werden von weit her eingeflogen und/oder in Museen ausgestellt, die jährlich Tonnen an CO2 ausstoßen.
Bild: Dannie Jing / Unsplash

Was tun Museen und Institutionen gegen den Klimawandel?​

Erst durch Covid-19 wurde vielen klar, dass es nicht notwendig ist, für 2 Tage von Wien nach Miami zu jetten, um dort die Art Basel zu besuchen. Die steigende Digitalisierung ermöglicht virtuelle Museumsbesuche und Rundgänge, die Kunstwerke können im Detail betrachtet werden und audiovisuelle Erklärungen schaffen Einblicke. 

Da Theater meist staatliche Institutionen sind, sind diese von der jeweiligen Stadt abhängig und können nicht eigenständig die Klimabilanz ändern. Bei Museen ist das jedoch anders. Viele Museen haben im letzten Jahr die Bilanzen berechnet und Pläne für die nächsten Jahre entwickelt, um den CO2 Ausstoß zu reduzieren und im besten Fall sogar klimaneutral zu werden. Die Tate Modern hat beispielsweise den Klimanotstand ausgerufen und möchte bis 2023 den CO2 Ausstoß um 10% verringern (vgl. 3Sat, 2020). Das MAK (Museum für angewandte Kunst) möchte bis 2030 komplett klimaneutral sein und hat im April 2021 als erstes Museum das österr. Umweltzeichen erhalten, was für besonderes Engagement im Umweltbereich verliehen wird (vgl. APA, 2021).

Um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, wird versucht, die Anzahl der Reisen der Mitarbeiter*innen so gering wie möglich zu halten und unnötigen Kurzstreckenflüge vermieden, Besucher*innen werden dazu angehalten öffentlich anzureisen, durch Barrierefreiheit wird allen Besucher*innen die gleiche Chance geboten das Museum zu besuchen und es wird versucht so viel wie möglich zu recyceln und Ressourcen zu verwenden, die das grüne Umweltzeichen tragen (vgl. MAK, o.D). 

Viele andere Museen, machen es dem MAK gleich, allerdings ist noch viel Luft nach oben. Denn nach wie vor kommen die meisten Kunstwerke über dem Luftweg, nachdem sie vorher von einem eigens eingeflogenen Gutachter betrachtet wurden. Kunstsammler*innen reisen nach wie vor mit dem Privatjet an, um ein ersehntes Werk vor dem Kauf zu begutachten. Messen und Biennalen finden auch nach Corona wieder in Mega-Cities statt und locken Massen an Besucher*innen mit außergewöhnlicher Kunst. Damit sich etwas ändert muss in allen Bereichen ein Umdenken stattfinden und reduziert werden.

Bild: Timon Klauser / Unsplash

Tipps: Wie du Kultur nachhaltig genießen kannst. ​

Gerade in der Kunstszene sind wir als Konsument*innen primär auf das Angebot der Museen und Theater angewiesen. Nichtsdestotrotz kannst auch du einen wichtigen Teil zum Klimaschutz beitragen: 

  • Besuche heimische Ausstellungen und Museen möglichst öffentlich oder mit dem Rad.
  • Nutze digitale Angebote um Kunst zu konsumieren, anstatt internationale Messen und Happenings zu besuchen.
  • Verhalte dich respektvoll wenn du eine Kunsteinrichtung betrittst und nutze das Angebot in anderen Städten wenn du schon einmal dort bist.
  • Unterstütze die heimische Kunstszene.

Fazit

Klimakunst ist ein immer mehr verbreiteter Begriff, den viele jedoch mit Vorsicht genießen. Während einige Museen bereits an Klimaplänen schmieden und die Klimaneutralität als Ziel haben, reisen Kunstliebhaber nach wie vor mit dem Privatjet an und forcieren das Fortführen internationaler Messen und Biennalen. Manche pflanzen Bäume in Indien, andere appellieren an die Gesellschaft besser auf unsere Welt aufzupassen, gleichzeitig stoßen sie mit Fernflügen Mengen an CO2 aus. 

Klar ist, die Kunst ist ein starkes Tool um viele Menschen (emotional) zu erreichen und Statements zu setzen. Auch wir selbst können unseren Beitrag dazu leisten und Kunst nachhaltig konsumieren.

Duden. (o.D.). Kunst, die. https://www.duden.de/rechtschreibung/Kunst, abgerufen am 09.08.21   

Europäische Union. (o.D.). Folgen des Klimawandels. https://ec.europa.eu/clima/change/consequences_de, abgerufen am 09.08.21 

Rakow, C. (26. Mai, 2021). Fragen ohne Aufschub. https://nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=19568:klimabilanzen-von-kulturinstitutionen-die-kulturstiftung-des-bundes-schliesst-ihr-pilotprojekt-zu-oekologischer-betriebsfuehrung-im-kunstsektor-ab&catid=101&Itemid=84, abgerufen am 09.08.21

Ebert, J. Zell, A. (2014). Klima Kunst Kultur. (1.Auflage). Steidl Verlag. 

Benkeser, C. (16. Juli, 2019). Schluss mit Indie. https://spex.de/klimawandel-musikindustrie-schluss-mit-indie/, abgerufen am 09.08.21

MAK. (o.D.). Planet Love & Climate Care im MAK. https://www.mak.at/umwelt, abgerufen am 09.08.21 

APA. (2021). MAK mit Österreichischem Umweltzeichen ausgezeichnet. https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20210430_OTS0070/mak-mit-oesterreichischem-umweltzeichen-ausgezeichnet-bild, abgerufen am 09.08.21 

 3Sat. (27. Juni, 2020). Klimawandel in der Kunst. https://www.3sat.de/kultur/kulturdoku/klimawandel-in-der-kunst-100.html, abgerufen am 09.08.21  

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