Behind the szene: Von der guten Idee zum ausgefeilten Konzept – ein Organisator gibt Einblicke!

Bild: Halle2

Wir haben uns im Blog schon mit dem Thema Green Events und Green-Washing in der Kulturszene beschäftigt. Für das heutige Interview haben wir einen Gast eingeladen, der noch weitere Einblicke in die nachhaltige Organisation von Veranstaltungen geben wird. Nadine hat sich mit Hubert unterhalten, der die letzten 20ig Jahre der Obmann des Vereins „halle 2 – Initiative für Zeitkultur – Kommunikationswerkstatt“ war.

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Verein und die Veranstaltungen von halle 2 stehen für vielfältiges, anspruchsvolles und dennoch leicht zugängliches Kulturprogramm.
  • Ein gutes Konzept ist die Grundlage für eine nachhaltige Veranstaltung.
  • Man sollte die Besucher*innen gar nicht erst in die Versuchung führen und alles Vermeidbare schon vorab anders organisieren.

Lieber Hubert, vielen Dank dass du dir heute Zeit nimmst. Ich habe mich in meinem letzten Blogbeitrag schon mit dem Thema Green Events und Nachhaltigkeit bei der Organisation von Veranstaltungen beschäftigt und da ich in eure Arbeit ja auch schon einmal reinschnuppern durfte, freue ich mich, dass ich jetzt auch noch dich als Experten aus der Praxis zu diesem Thema bei mir habe. Bitte stell dich und den Verein Halle 2 doch kurz vor.

Für die ursprüngliche Intention von „halle 2“ muss ich etwas ausholen. Der Beginn war in den 90iger Jahren (so gegen 97/98), wo gerade unsere gesamte Freundesclique zwischen 25ig und 30ig Jahre alt war. Zu diesem Zeitpunkt standen viele vor der Entscheidung, ob sie wieder in ihre Heimatstadt Wieselburg zurückkommen oder doch in Wien oder anderen Großstädten bleiben. Neben den Jobchancen ist da auch immer die zentrale Frage: „Was gibt es sonst noch?“. Zudem hat damals ein Teil der ursprünglichen Gründer gesehen, dass es in Wieselburg zwar das Volksfest gibt, was eine bestimmte Art der Veranstaltung ist, also ein gewisses Format hat, das natürlich nicht alle Zielgruppen und Kulturwünsche abholt – und wollten daher etwas Neues einbringen. Schon damals stand besonders im Fokus, dass es in Wieselburg ganz viel Potenzial und besonders schöne Plätze gibt, die es zu bespielen gilt. Daher kommt übrigens auch der Name- halle 2- weil gerade auf einem der schönsten Plätze in Wieselburg, die wohl hässlichste Messehalle, nämlich die halle 2. Diesen Impuls hat man dann damals gleich genutzt und so fragen sich die Leute: „Warum heißen die halle 2?“ und schon ist man im Gespräch und in der Diskussion. Ich war in den letzten 20ig Jahren der Obmann dieses Vereins und habe mich besonders als Projektleiter des Festivals Hiesige & Dosige in der Organisation eingebracht.

Das ist ein spannender Ansatz. Was waren die ersten Veranstaltungen von halle 2? Sind das die gleichen Formate, die es heute noch gibt?

Begonnen haben wir mit einem Freiluftkino, weil genau zu diesem Zeitpunkt, als halle 2 gegründet wurde, das Kino in Wieselburg zugesperrt hat. Aber das Format Literatur & Wiese ist relativ schnell gekommen und seit 2000 gibt es  Hiesige & Dosige.

Was ist euer Anspruch für eure Veranstaltungen?

Neben einem vielfältigen und in einer gewissen Art und Weise anspruchsvollen, aber dennoch zugänglichen Kulturprogramm ist uns einfach wichtig, dass sie so offen wie möglich gestaltet sind und die Hemmschwelle, sich etwas anzusehen so niedrig wie möglich ist. Dazu gehört auch unser, vielleicht etwas eigenartiges Prinzip, dass unsere Veranstaltungen fast ausschließlich bei Eintritt mit freiwilliger Spende abgehalten werden. Das haben wir, auch wenn es immer wieder Diskussionen dazwischen gab, bis heute so durchgezogen. Damit sind wir ziemlich einzigartig. All das lässt sich aber natürlich nur umsetzen, wenn die Ideen gut sind und viele Menschen an derselben Vision arbeiten und das noch dazu ehrenamtlich.

Ich kenne eure Arbeit und Konzepte und weiß, dass bei allen Veranstaltungen, bei denen es Catering und Verpflegung gibt, besonders auf Qualität, Regionalität und biologische Herkunft geachtet wird. Darüber hinaus wird im Backstage-Bereich kompostierbares Einweggeschirr eingesetzt und viele Komponenten so umweltschonend wie möglich umgesetzt. Welche Maßnahmen sind dir besonders wichtig und worauf wird bei der Erstellung des jeweiligen Konzepts besonders geachtet?

Also wir haben auf jeden Fall bei Hiesige & Dosige, was ja schon ein größeres Format ist, von Beginn an penibel darauf geachtet, dass ein Mehrwegsystem verwendet wird. 2005 haben wir dann vom Glasmehrweg auf Kunststoffmehrweg umgestellt, weil es zu gefährlich war mit Glas zu arbeiten. Nur in der Weinbar und Cocktailbar, wird noch Glas verwendet, da legen wir Wert darauf, dass die Getränke in einem edlen Gefäß serviert werden.

Was in den letzten Jahren immer stärker geworden ist und auch schon immer ein Wunsch von mir war, ist die Umsetzung eines Zero-Waste-Konzeptes. Wir achten konsequent darauf, so wenig Abfall wie möglich zu produzieren. Hier gibt es jetzt auch die neue EU-Verordnung, was natürlich auch hilft. Es darf jetzt generell nur mehr kompostierbares Einweggeschirr verwendet werden und ganz besonders, auch nur mehr abbaubaren Strohhalme. Alles rund um das Thema Abfall spielt hier für mich die größte Rolle in der Planung des Konzeptes und vor allem dann in der rigorosen Umsetzung.

Es gibt verschiedene Zertifizierungen im Nachhaltigkeitsbereich, auch für Veranstaltungen und Events. Ist das ein Thema für euch und eure Veranstaltungen?

Nachdem ich in diesem Bereich berufsbedingt sehr intensiv drinnen bin, ist für mich eigentlich das wichtigste, dass Veranstalter nur noch nach EN13432 zertifizierte Einwegprodukte verwenden, wenn sie Einwegprodukte  verwenden. Es ist das allerwichtigste, dass hier penibel darauf geachtet wird, dass es sich auch um ein wirkliches Zertifikat handelt und nicht nur ein Vermerk wie „kompostierbar“ am Etikett steht. Da gibt es am Markt leider immer noch viele Fake-Produkte. Wichtig ist auch, dass man vorher abklärt, ob der Kompostbetrieb, der diesen Bioabfall danach verarbeitet, auch damit einverstanden ist, dass er diesen Abfall bekommt. Das muss man individuell besprechen. Das ist auch eine gewisse Vertrauenssache. Hier sieht man schon, dass es sich um einen Kreislauf handelt und sobald ein Glied in der Kette nicht ordentlich arbeitet, hängen alle anderen mit drinnen.

Das ist für mich wichtiger als irgendwelche generellen Labels oder Zertifizierungen. Wenn Veranstalter ein grünes Event machen, dann soll das Konzept dahinter gut ausgearbeitet sein und vor allem auch eingehalten werden.

Ihr habt für euere Veranstaltungen gute Konzepte, wie kommuniziert ihr euren Einsatz der nachhaltigen Organisation den Besucher*innen?

Also aktiv haben wir das bis jetzt gar nicht oder doch sehr bescheiden kommuniziert. In der Kommunikation mit den Besucher*innen gibt es bestimmt noch Luft nach oben. Außerdem gibt es noch viel Potential, das Festival zur Bewusstseinsbildung zu nutzen oder überhaupt schon im Vorfeld damit zu beginnen.

Was wir jedenfalls während des Festivals klar aufzeigen, sind die Mülltrennsysteme vor Ort, damit die Besucher*innen diese auch verstehen und einhalten können. Eines ist aber auch ganz klar: Man muss bei der Entsorgung der Reststoffe auf jeden Fall trennen zwischen den Bereichen, die nicht Zuschauer zugängig waren wie der Backstage-Bereich, und jenen der Zuschauerbereichen, denn man kann sich hier natürlich nicht verlassen, dass alles eingehalten wird.

Schätzen eure Besucher*innen euren Einsatz? Bekommt ihr hier Feedback?

Klar ist, dass Nachhaltigkeit in der Veranstaltungsbranche immer stärker kommen wird. Noch ist das Angebot überschaubar, aber es wird definitiv gewünscht und gefordert von den Besucher*innen.

Abschließend noch eine Frage: Was wünscht du dir?

Mein Traum wäre, dass man bei Veranstaltungen ein einheitliches Konzept hat, wie man die Kennzeichnung vorzunehmen hat. So kann das Bewusstsein der Besucher*innen schon geschärft werden, dass alle Veranstaltungen grüner werden.

Von guten Veranstaltungen wünsche ich mir, dass für den Besucher schon weitestgehend alles so vorbereitet ist, dass er erst gar nicht in die Verlegenheit kommt, etwas „falsch“ zu machen. Im Klartext bedeutet das, dass es zum Beispiel gar kein Plastik gibt und die Konzepte in jeder Hinsicht ausgefeilt und verfeinert werden.

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