Wie grün ist unsere Kosmetik tatsächlich? Greenwashing in der Kosmetikindustrie

Greenwashing ist auch in der Kosmetikindustrie Gang und Gebe. In diesem Post erfährst du, worauf du beim Kauf von „grüner Kosmetik“ achten solltest und wie uns die Branche gerne mal um den Finger wickelt und täuscht.

Das Wichtigste in Kürze​

  • Eine grüne oder natürlich wirkende Verpackung ist kein Garant für Naturkosmetik
  • Naturkosmetik ist kein geschützter Begriff!
  • Es wird in Bio, vegane, tierversuchsfreie und natürliche Kosmetik unterschieden
  • Die Liste der schädlichen Inhaltsstoffe ist leider sehr lang, online oder mit einer App kannst du deine Kosmetik prüfen
  • Mittlerweile gibt es viele tolle Labels, die natürliche Kosmetik kennzeichnen

Viele Unternehmen lassen uns im Glauben, dass wir mit dem Kauf ihrer Produkte etwas Gutes für Mensch, Tier und unseren Planeten tun. Durch die Produktion solle wenig CO2 erzeugt, recyceltes Plastik verwendet oder ein fairer Umgang mit den Mitarbeiter*innen garantiert werden. Besonders im Bereich der Kosmetik ist das Thema Nachhaltigkeit wichtig, da Cremes, Make Up, Körper- und Haarpflegeprodukte usw. direkt auf die Haut aufgetragen werden. Besonders wir Frauen werden tagtäglich damit konfrontiert, dass gutes und gepflegtes Aussehen, Jugendlichkeit und Schönheit in allen Lebenslagen wichtig sind und uns “weiterbringen”. Die Werbung überhäuft uns mit Bildern von Models mit strahlendem Teint, weißen Zähnen und einer perfekt geföhnten Haarpracht, mit vollen Lippen und langen Wimpern. Kein Wunder also, dass wir einen hohen Anspruch an unser Aussehen haben und viel über uns ergehen lassen, um diesen Bildern zu entsprechen.

Besonders seit der Corona-Pandemie, den daraus folgenden Lockdowns und Ausgangssperren,  hat sich unser  Kosmetikkonsum verändert. Es wird weniger dekorative Kosmetik verwendet und Natürlichkeit steht im Vordergrund. Auch wenn die Zahl an Schönheitsoperationen im vergangenen Jahr gestiegen ist (vgl. ORF, 2020), möchte sich eine Großzahl der Menschen keine Chemie mehr ins Gesicht oder auf den Körper “schmieren”. Die Kosmetikbranche hat darauf reagiert, viele Marken jedoch eher schlecht als recht. Die Drogerie Märkte sind voll mit Produkten, die tierversuchsfreie Produktion, recycelte Verpackungen und selbstverständlich Inhaltsstoffe natürlichen Ursprungs versprechen. Außerdem lassen sie Haut strahlend jung erscheinen, das Haar glänzen und versorgen uns mit viel Feuchtigkeit, die schlussendlich zu ewiger Jugend führt. Und das alles ganz natürlich! *Zynismus Ende.

Wieviel Natur steckt in unserer Kosmetik?

“Natürliche” Kosmetikartikel boomen, da man als Konsument das Gefühl bekommt, grüne, nachhaltige, am besten auch noch vegane und biologische Produkte seien besser für Körper, Gesundheit und Natur. Mit “grünen” Produkten beruhigen wir außerdem unser Gewissen und glauben etwas Gutes zu tun. Doch scheinbar ist nicht immer Bio drin, wo Bio draufsteht. 0,1% eines Inhaltsstoffes reichen aus, um ihn auf die Verpackung schreiben zu dürfen (vgl. SWR Marktcheck, 2018). So kann man also schnell mal das Bild einer äußerst wirkungsvoll erscheinenden Pflanze auf die Verpackung drucken und so tun, als würde der Großteil des Inhalts daraus bestehen. 

Generell unterscheidet man zwischen Natur-, Bio-, Veganer- und tierversuchsfreier Kosmetik. Wichtig ist dabei vor allem der Verzicht auf chemische Inhaltsstoffe und Mikroplastik, also alles was neben der Reizung unseres Körpers und gesundheitsschädigenden Auswirkungen ins Grundwasser gelangen und unserer Umwelt schaden kann. 

Hintergründe: Woran erkenne ich Naturkosmetik?

Naturkosmetik ist kein geschützter Begriff, weshalb man umso genauer hinschauen muss, was wirklich drin ist. Beliebte Begriffe die besonders “grün” wirken sind unter anderem: Natürlich, Biologisch, Vegan, Tierversuchsfrei. Das Wort VEGAN ist dabei äußerst gängig, da Veganismus aktuell ein großer Trend ist und das Produkt somit natürlich, nachhaltig und ohne tierische Produkte hergestellt wird (vgl. V-Label, o.D.). Dass dabei aber oftmals gar keine natürlichen, sondern ausschließlich chemische Inhaltsstoffe verwendet werden, weiß Otto-Normal-Verbraucher*in  nicht. 

Die Kosmetikindustrie ist sehr einflussreich (vgl. CosmeticBusiness, 2019) und investiert unmengen Geld in erfolgreiches Marketing. Das perfekte Green-Marketing-Konzept ist also, die Verpackung grün zu gestalten, ein paar ökologisch-wirkende Begriffe und am besten auch noch ein Bild von einer Pflanze, einem Gemüse oder einem Obst draufzupacken. 

Eine Großzahl der Marken, die der/die Konsument*in als “grün” wahrnimmt, enthält allerdings Inhaltsstoffe die krebserregend, hormonell wirksam oder umweltschädigend sind (SWR Marktcheck, 2018). Auch der Begriff Mikroplastik fällt dabei gerne, hier erfährst du mehr dazu. Manchmal kommt es uns so vor, als könnte man kaum noch ein Produkt natürlichen Ursprungs im Regal finden. Um tatsächlich ein zertifiziertes Naturprodukt zu kaufen, sollte man immer auf mit Gütesiegel gekennzeichnete Ware achten.

Unsere Auswahl an EU-zertifizierten Gütesiegeln

  • COSMOS beinhaltet die 5 unterschiedlichen Zertifizierungsstellen Cosmebio, ICEA, BDIH, Soil Association und Ecocert. Dabei wird außerdem zwischen COSMOS natural und COSMOS organic unterschieden, während COSMOS natural ausschließlich natürliche Inhaltsstoffe aufweisen darf, müssen COSMOS organic zertifizierte Marken 95% der Rohstoffe aus biologischem Anbau beinhalten (vgl. miss, o.D.).
  • Natrue unterteilt die Bereiche Naturkosmetik, Naturkosmetik mit Bio-Anteil und Biokosmetik. Bekannte Marken mit diesem Gütesiegel sind: Dr. Hauschka, Lavera, Weleda (vgl. Natrue, o.D.).
  • ABG – Austria Bio Garantie: 95% der landwirtschaftlichen Inhaltsstoffe müssen biologisch sein, um dieses Siegel tragen zu dürfen (vgl. miss, o.D.).
  • V-Label ist mit 10.000 Produkten in 27 Ländern Marktführer am vegan-vegetarischen Markt und achtet dabei besonders auf die Themen Tierschutz und Tierversuche (vgl. V-Label, o.D.). 
  • Hase mit der schützenden Hand ist das wohl strengste Gütesiegel, wenn es um das Thema Kosmetik ohne Tierversuche geht und stammt vom deutschen Tierschutzbund (vgl. Ethik Guide, o.D.).
  • Leaping Bunny ist ein internationales Gütesiegel gegen Tierversuche und primär in Kanada und den USA tätig. Die Liste der Mitglieder ist gefühlt endlos, hier könnt ihr einen Blick darauf werfen (vgl. Leaping Bunny, o.D.).
Bildquelle: cosmos-standard.org

Achtung! Schädliche Inhaltsstoffe und wie man sie erkennen kann.

Man muss kein Chemiker sein, um den genauen Inhalt und mögliche schädliche Stoffe in Kosmetikartikeln zu erkennen. Diese Liste von Bio Balsam zeigt euch, welche Inhaltsstoffe ihr vermeiden solltet und wie sie unter anderem bezeichnet sein könnten (BioBalsam, o.D.). 

  • Aluminiumsalze (Alumina, Aluminium Chloride, Aluminium Stearate, Aluminium Powder, Cl77000)
  • Benzophenon (Butyl Methoxydibenzoylmethane Oxybenzone, 4-Methylbenzylidene Camphor, Benzophenone-1 bis -4)
  • Formaldehyd (Triclosan, Sodium Hydroxymethylglycinate, Hexamidine Diisethionate, 2-Bromo-2-Nitropropane-1,3-Diol, Quaternium-15)
  • Mineralöle, Paraffine, synthetisches Glycerin (Mineral Oil, Petrolatum, Paraffinum Liquidum, Paraffinum Subliquidum, Cera Microcristallina, Microcrystalline Wax, Ozokerit, Ceresin, Vaseline)
  • Phthalate (Diethyl Phthalate, Diethylhexyl Phthalate, Di-n-Butylphthalat (DBP)
  • Weichmacher (Propylene Glycol, 1,2-Propanediol, 1,2-Dihydroxypropane, Methyl Ethyl Glycol (MEG), Methylethylene Glycol)
  • Emulgatoren (PEG, PPG, Ceteareth-8, Polyethylenglykol)
  • Silikone (Dimethicone, Trimethicone, Methicone, Amodimethicone, Polysiloxane; weitere mögliche Abwandlungen mit den Endungungen „-methicone“ und „-siloxane“)
  • Parabene (Propylparaben, Btylparaben, Methylparaben, Ethylparaben, Isobutylparaben, Isopropylparaben)
  • Tenside (Sodium-Lauryl-Sulfat, Sodium-Laureth-Sulfat, Ammonium-Lauryl-Sulfat Sodium-Myreth-Sulfat)

Weitere Details und eine genau Beschreibung, wie die einzelnen Stoffe wirken, könnt ihr hier nachlesen: BioBalsam
Mittlerweile gibt es auch einige gute Apps, die euch helfen, versteckte schädliche Inhaltsstoffe in Produkten zu finden. Eine davon ist ToxFox – der Produktcheck. Mit dieser App scannt ihr das Produkt mit eurer Kamera und erhaltet sofort eine Auflistung der Inhaltsstoffe sowie Warnhinweise, sollten gefährliche Stoffe enthalten sein (vgl. Global 2000, o.D.). Problematisch ist allerdings, dass einige Produkte nicht in der Datenbank eingetragen und somit auch nicht abgerufen werden können. Die Produkte werden aber regelmäßig upgedated und die Datenbank vergrößert.

Bei all diesen Warnhinweisen und Auflistungen bist du jetzt wahrscheinlich total verunsichert, welches Produkt du nun wirklich kaufen “darfst”. Hier also noch ein paar Tipps, wie du dir sicher und umweltfreundlich deinen nächsten Kosmetikartikel kaufst: 

  • Achte auf mögliche Gütesiegel, da wo Bio draufsteht ist oft kein Bio drin
  • Auf der Verpackung steht OHNE: Hat man auf die beliebten Stoffe Parabene, Silikone und Aluminium verzichtet – was wurde stattdessen verwendet? Verwende hierfür gerne die Inhaltsstoffliste von weiter oben als Hilfe.
  • Manche Produkte haben keine genaue Inhaltsliste auf der Verpackung. Beinahe jedes Produkt kannst du aber mithilfe des World Wide Web suchen und alle Inhalte im Detail nachlesen.
  • Wähle das Produkt nicht anhand der Optik oder des Dufts, in der Kosmetikbranche sitzen viele Marketingprofis, die genau wissen, wie sie dir ein Produkt “grüner als grün” verkaufen können.
  • Mit diesen Marken in unseren heimischen (Online-)Regalen machst du alles richtig: Lavera, Weleda, Alverde, Junglück, Dr. Hauschka und Primavera

Fazit

Grüne Kosmetik ist oftmals leider alles andere als Grün. Schöne Verpackungen und ökologische Bezeichnungen lassen Produkte fälschlicherweise gesund und nachhaltig wirken. Da der Begriff Naturkosmetik nach wie vor nicht geschützt ist, kann jede beliebige Marke ihr Produkt als Naturkosmetik bezeichnen. Daher achte bei jedem Kauf genau auf die Inhaltsstoffe und informiere dich lieber einmal zu viel, als mögliche Giftstoffe auf deinen Körper zu schmieren und folglich ins Abwasser zu spülen.

Austria Bio Garantie – ABG. (o.D.). Was ist Bio?https://www.abg.at/was-ist-bio/, abgerufen am 07.03.2021

BioBalsam Naturkosmetik. (o.D.). 10 schädliche Inhaltsstoffe in konventioneller Kosmetikhttp://www.bio-balsam.de/wissen-beratung/10-schaedliche-inhaltsstoffe/, abgerufen am 07.03.2021

CosmeticBusiness. (o.D.). Die Kosmetikindustrie im Jahr 2018https://www.cosmetic-business.com/de/neuigkeiten/1006553, abgerufen am 07.03.2021

COSMOS. (o.D.). COSMOS | Biologische Und Natürliche Zertifizierung Für Kosmetikhttps://www.cosmos-standard.org/?lang=de, abgerufen am 07.03.2021 

Ethik.Guide. (o.D.). Gütesiegel für tier- und hautfreundliche Kosmetikhttps://ethikguide.org/infothek/guetesiegel-fur-tier-und-hautfreundliche-kosmetik/, abgerufen am 07.03.2021

GLOBAL 2000. (o.D.). ToxFox—Die Produkt-Check-Apphttps://www.global2000.at/toxfox, abgerufen am 07.03.2021

Guti, O. (2020). Schönheits-OPs boomen während Pandemie. news.orf.at https://orf.at/stories/3173039/, abgerufen am 07.03.2021

Natrue. (o.D.). Startseite—NATRUEhttps://www.natrue.org/de/, abgerufen am 07.03.2021 

miss media GmbH. (o.D.). Gütesiegel: Welchen Labels kann man bei Kosmetik wirklich trauen?. https://www.miss.at/guetesiegel-naturkosmetik-welchen-labels-kann-man-trauen/, abgerufen am 07.03.2021

SWR Marktcheck. (2018). Chemie in Naturkosmetik: Wie manche Hersteller mit dem Natur-Trend Kasse machen [Video]. YouTube. https://www.youtube.com/watch?v=4c2EFzjmoPM, abgerufen am 07.03.2021

V-Label. (2016). Das Qualitätssiegel für vegane und vegetarische Produktehttps://www.v-label.eu/at/das-v-label, abgerufen am 07.03.2021

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