Handelt es sich hier um ein Überraschungspaket oder erlebt man beim Online-Shoppen ein grünes Wunder?

Bild: Pickawood / Unsplash

Erst kürzlich brachte der, auch in Österreich immer populärer werdende, Black Friday, viele Menschen dazu, Bestellungen bei Online-Shops zu tätigen. Der Trend Einkäufe online zu erledigen, hält nicht nur an, sondern erfährt nicht zuletzt durch die anhaltenden Corona-Pandemie einen weiteren Boost. Auch der kürzlich beendete Lockdown in Österreich treibt viele Konsument*innen ins Internet. Doch was bedeutet das für unsere Umwelt? Viele, vor allem große Online-Händler, stellen sich mit groß angelegten Imagekampagnen ins Rampenlicht. Doch steckt hier nur eine gute Greenwashing-Strategie dahinter, um unser Gewissen zu beruhigen, oder kann Online-Shoppen tatsächlich „grün“ sein und stecken hinter den Bildern auch sinnvolle Maßnahmen? Der heutige Beitrag soll dieses Thema beleuchten und zeigt dir, was du beim Online-Shoppen beachten solltest.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Theoretisch kann Online-Shopping „grüner“ sein als ein Einkauf im stationären Handel.
  • Große Online-Anbieter haben Umweltziele definiert, ein genaueres Hinsehen schützt hier vor Greenwashing.
  • Mit kleinen Tipps und Tricks machst du deinen Einkauf im Internet grüner.

Hintergründe: Was du über Online-Shopping wissen solltest!

Online-Shopping von A bis Z – im wahrsten Sinne: Amazon und Zalando waren im vergangenen Jahr die Umsatzstärksten Online-Shops in Österreich (Baeskow, 2020; Statista, 2021b). Laut Statista (2021a)verzeichnete der österreichische E-Commerce einen Umsatz von 4,2 Milliarden Euro.

Dieses Thema bietet verschiedene Blickwinkel, die für eine Beurteilung betrachtet werden müssen. Einerseits spielt die CO2-Emission eine Rolle, andererseits gibt es gesellschaftspolitische Punkte, die in dieser Diskussion immer wieder aufpoppen. Gehen wir sie der Reihe nach durch!

Wieviel Emission steckt in einer Online-Bestellung?

Kann eine Bestellung in einem Online-Shop tatsächlich umweltfreundlicher sein, als der Einkauf im stationären Handel? Die Antwort darauf überrascht zunächst, aber auch hier gilt: ein Blick hinter die Kulissen liefert eine ganz andere Sichtweise.

Ja! Ja, eine online Bestellung kann nachhaltiger sein als der Einkauf im Geschäft. Warum? Betrachten wir beide Vorgänge: Für die Bestellung im Internet braucht es etwas Strom, Datenvolumen und die logistische Abwicklung. Für den Einkauf im stationären Handel benötigt man, besonders im ländlichen Gebiet, ein Auto. Die Geschäftslokale werden geheizt oder klimatisiert und es wird Strom verbraucht. Für die Berechnung der Emissionen müssen verschiedene Faktoren berücksichtig werden, was keine eindeutige Antwort auf die Frage zulässt. Einer Studie im Auftrag von DHL zufolge, liegt der Wert für ein mittel großes Paket zwischen 277 Gramm und 800 Gramm. Das entspricht einer Autofahrt von etwa 4 Kilometern (Dallmus, 2020; Reske, 2021). Unserem Beispiel zu Folge wäre also der Kauf beim Online-Händler für unsere Umwelt nachhaltiger, verglichen mit einem Einkauf in einem Geschäft, zudem du mit dem Auto fahren musst. Allerdings nur, wenn du dein Paket auch entgegennehmen kannst. Rund ein Viertel aller Bestellungen können nicht beim ersten Versuch zugestellt werden (verbraucherzentrale.de, 2021) und werden von den Konsument*innen dann mit dem eigenen PKW abgeholt. Eine andere Möglichkeit ist, dass der Zustelldienst einen erneuten Zustellversuch unternimmt. In beiden Fällen entsteht ein zusätzlicher CO2-Ausstoß.

Bei der Zustellung gibt es noch einen zweiten wichtigen Punkt, der berücksichtigt werden muss. Immer mehr Online-Händler und Zustellservices bieten verschiedene Zustellformen an. Die Kund*innen können sich den Lieferzeitraum selbst aussuchen oder es gibt Expressdienste. So kann der logistische Prozess nicht mehr optimal geplant werden und den Vorteil der gebündelten Zustellung zunichte macht (verbraucherzentrale.de, 2021).

Returned to sender

Eines der größten Probleme des Online-Shoppings sind die Retouren. Je nach Produktart werden unterschiedlich viele Bestellungen wieder zurückgeschickt. Besonders kritisch ist dies im Modesektor – hier liegt die Rücksendequote bei bis zu 50 Prozent (Dallmus, 2020). Das entspricht 800.000 Pakete am Tag (verbraucherzentrale.de, 2021). Die Retouren sind durch viele Aspekte kritisch zu betrachten: 

Zunächst sind die Rücksendungen für die Konsument*innen, vor allem bei großen Anbietern, kostenlos. Dies erhöht den Druck auf die kleineren Anbieter*innen, die diesen Service oftmals nicht bieten können. Forscher aus Deutschland (Oberfrankfurt) haben hochgerechnet, dass bereits ein Preis von 3 Euro zu einer Reduktion jeder sechsten Retoure führen würde. Das könnte pro Jahr 40.000 Tonnen CO2 einsparen (Dallmus, 2020).

Ein weiterer Punkt ist, dass die zurückgesendeten Waren wieder aufbereitet werden müssen. Dies geschieht in sogenannten Auffanglagern, welche sich meist Ländern mit billigeren Arbeitskräften (Polen, Tschechien) befinden. So werden abertausende Pakete auf eine weite Reise geschickt (Dallmus, 2020).

Du bist schon fassungslos? Dann überspringe den nächsten Absatz lieber, denn nicht alle Retourwaren werden wieder für den Verkauf aufbereitet: Viele werden einfach vernichtet! Warum? Die Kosten für die Aufbereitung sind zu hoch. Auch spenden ist meist keine ökonomisch-sinnvolle Alternative. Im Rahmen einer Recherche des ZDF schätzte eine Mitarbeiterin eines großen Online-Händlers den Wert der allein von ihr täglich zerstörten Waren auf 23.000 Euro. Die dafür verschwendeten Ressourcen für die Herstellung und die logistischen Prozesse wurden ihr noch nicht berücksichtigt (Napp, 2019).

Eines ist klar – jedes zurück geschickte Paket, belastet unsere Umwelt enorm. Aus diesem Grund hat sich ein neuer Trend im Online-Handel entwickelt: die CO2-Kompensation. Doch löst sie das Problem? 

CO2-Kompensation bedeutet, dass die Menge an verursachten Treibhausgasen durch andere Maßnahmen wieder ausgeglichen werden. Die Maßnahmen der Unternehmen sind auch hier sehr unterschiedlich. Zalando beispielsweise verlangt 0,25 Euro für die Kompensationsleistung, weist aber nicht aus, wofür diese genutzt werden. Die Kritik der Expert*innen ist deutlich: das primäre Ziel muss die Vermeidung von Retouren sein (Dallmus, 2020)! Für Nichtvermeidbare Retouren ist eine CO2-Kompensation eine gute Wahl um seinen Beitrag für die Umwelt zu leisten.

Grüne Maßnahmen oder Greenwashing?

Große Töne, perfekte Imagevideos und starke Ankündigungen – die großen machen es vor und legen ihr „grünes Herz“ der breiten Masse offen. Amazon beispielsweise hat sich verpflichtet bis 2040 CO2 neutral zu sein. Der Einsatz von Elektro-Transportern in Europa ist schon geplant (Dallmus, 2020). Besonders hervor sticht Amazon mit der Abstrafung von übertriebenen Rücksender*innen. Die Konten dieser User*innen werden gesperrt. Dem gegenüber steht der Vorwurf, dass der Konzern jene Lobby-Gruppen unterstützt, die gegen das Klimaschutzgesetz vorgehen (Ammer, 2021). 

Die Otto-Gruppe will die Klimaneutralität schon 2030 erreichen und hat auch Maßnahmen ergriffen, um Retouren zu vermeiden. So wird bei Bestellungen unterschiedlichster Größen beispielsweise schon im Warenkorb darauf hingewiesen, dass die übliche Kleidergröße passt (Kolf, 2021). 

Nicht nur die Online-Händler, sondern auch die Zusteller stellen ihre Systeme um. So hat das Logistikunternehmen Gebrüder Weiß das Ziel bis 2030 klimaneutral zuzustellen. Darüber hinaus ist in der Schweiz der erste wasserstoffbetriebene LKW in Betrieb. Die österreichische Post stellt in Graz bereits seit 2021 emissionsfrei zu (vienna.at, 2021). 

Fahr nicht fort – kauf im Ort!

Zu guter Letzt wollen wir neben all den umweltpolitischen Punkten auch noch einen gesellschaftspolitischen Denkanstoß geben: die Kaufkraft wandert durch die führenden Online-Händler aus Österreich ab (Statista, 2021). Vielerorts liefert das Stadtbild leere Schaufenster. Außerdem darf man nicht vergessen, dass die großen Online-Hänlder in Österreich nicht steuerpflichtig sind.

Tipps: Wie du nachhaltig Online-Shoppen kannst! 

Nicht nur die Betreibenden von Online-Shops sind für die Nachhaltigkeit verantwortlich. Auch du kannst einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass Online-Shopping etwas grüner wird! Hier eine kleine Sammlung an Tipps (Dallmus, 2020; Utopia, o. J.; verbraucherzentrale.de, 2021):

  • Überleg dir deine Einkäufe vorab gut und vermeide Impulskäufe.
  • Informiere dich über die Produkte, so kannst du unnötige Retouren vermeiden.
  • Stelle sicher, dass du das Paket beim ersten Zustellversuch entgegennehmen kannst, sodass du es nicht mit dem Auto holen musst.
  • Mache Sammelbestellungen und nutze Standardzustellungen, verzichte auf Express oder individuelle Lieferfenster.
  • Achte darauf, bei welchen Online-Händlern du einkaufst. Utopia hat verschiedene Online-Shops zu einer Liste der besten grünen Online-Shops zusammengestellt.

Fazit 

Ammer, L. (2021, Oktober 4). Greenwashing: Apple, Amazon, Microsoft & Co. Bezahlen Anti-Klima-Lobby. https://utopia.de/news/green-washing-apple-amazon-microsoft-co-bezahlen-anti-klima-lobbyisten/ abgerufen am 6.12.2021

Baeskow, L. (2020, November 17). Top 30 umsatzstärkste Onlineshops in Österreich. EHI Retail Institute. https://www.ehi.org/de/top-30-umsatzstaerkste-onlineshops-in-oesterreich/ abgerufen am 8.12.2021

Dallmus, A. (2020, Dezember 7). Ökobilanz Online Shopping. Wann Onlineshopping wirklich nachhaltig ist. https://www.br.de/radio/bayern1/inhalt/experten-tipps/umweltkommissar/umwelt-einkaufen-online-laden-100.html abgerufen am 6.12.2021

Kolf, F. (2021, April 13). Neue Studie: E-Commerce hat eine bessere Klimabilanz als stationärer Handel. https://www.handelsblatt.com/unternehmen/nachhaltigkeit/einzelhandel-neue-studie-e-commerce-hat-eine-bessere-klimabilanz-als-stationaerer-handel/27082114.html?ticket=ST-4047554-5WDjJEnATddFzzyPJYNi-cas01.example.org abgerufen am 6.12.2021

Napp, S. (2019, Januar 17). Mode für die Tonne. Was passiert wriklich mit unseren Retouren? https://www.stern.de/neon/vorankommen/nachhaltigkeit/mode-fuer-die-tonne–was-passiert-wirklich-mit-unseren-retouren–8535386.html abgerufen am 6.12.2021

Reske, V. (2021, November 26). Klimabilanz im Versandhandel. Wie klimafreundlich ist Onlineshopping? https://www.quarks.de/umwelt/online-shopping-klimafreundlicher-als-einkauf-im-geschaeft/ abgerufen am 6.12.2021

Statista. (2021a). E-Commerce in Österreich. https://de.statista.com/themen/2875/e-commerce-in-oesterreich/#dossierKeyfigures abgerufen am 6.12.2021

Statista. (2021b). Umsatzstärkste Online-Shops in Österreich im Jahr 2020. https://de.statista.com/prognosen/860119/top-online-shops-oesterreich-ecommercedb abgerufen am 6.12.2021

Utopia. (o. D.). Die besten grünen Onlineshops. https://utopia.de/bestenlisten/nachhaltige-onlineshops/ abgerufen am 6.12.2021

verbraucherzentrale.de. (2021, Oktober 27). Umweltfreundlich im Internet einkaufen—Geht das? https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/umwelt-haushalt/nachhaltigkeit/umweltfreundlich-im-internet-einkaufen-geht-das-26661 abgerufen am 6.12.2021

vienna.at. (2021, Februar 4). Online-Shopping klimaschonender als gedacht. https://www.vienna.at/online-shopping-klimaschonender-als-gedacht/6885139/amp abgerufen am 6.12.2021

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