Der Kontext als ausschlaggebender Faktor für die Unternehmenskultur
Die Unternehmenskultur beeinflusst heutzutage häufig, ob eine Organisation begehrte Engpasstalente für sich gewinnen kann. Doch wie kann man sie beeinflussen? Wie kommt sie zustande?
„Unternehmenskultur“ beschreibt gemeinsame Werte, Normen und Einstellungen, welche die Handlungen, Entscheidungen und das Verhalten von MitarbeiterInnen beeinflussen (Gabler Wirtschaftslexion).
Doch was sind gemeinsame Werte, Normen und Einstellungen? Was passiert mit den Werten, Normen und Einstellungen von Mitarbeiterinnen, die keine gemeinschaftlichen sind? Können sie ignoriert werden?
Ich sage nein, sie sind von Bedeutung! Um zu erklären weshalb ich dieser Meinung bin, habe ich Boltens vier Funktionsbereiche des Kulturbegriffs (entsprechend der Grundbedeutungen des Lehnworts colere) in Bezug auf die Unternehmenskultur abgewandelt:
Jede Mitarbeiterin eines Unternehmens bringt ihre eigenen Werte, Normen und Einstellungen zu diesen vier Bereichen ein. Je nachdem welche diese sind, zieht es sie im „Kulturkreis“ näher zu der einen oder anderen Umwelt. Sie befindet sich daher im Akteursfeld (der Kreis) in der Nähe der Umgebung, die ihr am wichtigsten ist. Das ist ein dynamischer Prozess, der ständig vor sich geht. Die Summe der Dynamiken aller Mitarbeiterinnen ergibt die Unternehmenskultur.
Eine kirchliche Institution wird sich höchstwahrscheinlich im oberen Bereich des Kreises nahe der sinnstiftenden Imagination und der sozialen Umwelt, wiederfinden.
Macht einen holistischen Ansatz daraus!
Die vier Bereich müssen immer als ein Ganzes betrachtet werden, jeder der Bereiche ist in jeder Organisation und jedem Individuum verankert. Diese Verankerung findet auf unterschiedliche Weisen statt. Einflussfaktoren sind beispielsweise das Alter, die generelle Weltanschauung, die Herkunftskultur, wo man sozialisiert wurde, der Lebensort, die Bildung,…
Konventionalisierung als Schlüssel
Wichtig ist, was für einen Menschen konventionell ist. Erst wenn ein Wert, Normen und Anschauungen konventionell sind, sind sie in der Kultur des einzelnen verankert. Genau das ist auch auf die Organisation anwendbar.
Wie kann ich mit diesem Wissen die Kultur beeinflussen?
Konventionalisierung durch KOMMUNIKATION
Ist jemand freundlich zu mir, bin ich im Gegenzug auch freundlich (das ist das Prinzip der Reziprozität, in diesem Fall die soziale Reziprozität – ein Geben und Nehmen). Hier eine einfache Erklärung von Reziprozität:
Passiert das Verhalten 100x, dann wird hat sich dieses Verhalten konventionalisiert und in der Kultur manifestiert.
Wird außerdem auf Langfristigkeit gesetzt, ist eine positive Unternehmenskultur wahrscheinlicher: handelt ein Mitarbeiter freundlich einem anderen Mitarbeiter gegenüber, ohne eine sofortige Gegenleistung zu erwarten, kann eine gute Beziehung aufgebaut werden. In einer solchen können zu einem späteren Zeitpunkt beispielsweise Fehler leichter verziehen werden.
Ein ganz lapidares Beispiel für die Interdependenz der Dimensionen:
Bietet ein Unternehmen immer nachhaltige Mittagsmenüs für seine Mitabeiterinnnen, spielt es mit 3 Reziprozitätdynamiken:
1) soziale Reziprozität: ich kümmere mich um meine Mitarbeiterinnen
2) Umwelt Reziprozität: ich bin mir meiner Verantwortung der Umwelt gegenüber bewusst
3) Selbst Reziprozität: mir sind Gesundheit und Ernährung meiner Mitarbeiterinnen wichtig
So verändert jedes konventionalisierte Tun (wenn man etwas tut, kommuniziert man auch immer) die Unternehmenskultur.
Lessons learned:
- Sobald eine Mitarbeiterin, an einer in der Organisation noch nicht vertretenen Kultur partizipiert, diese miteinbringt und konventionalisiert, verändert sich die Unternehmenskultur
- Wird eine neue Mitarbeiterin eingestellt oder verlässt eine Mitarbeiterin das Unternehmen, verändert sich die Kultur
- Die Unternehmenskultur ist ein dynamisches Netzwerk und kann gelenkt werden – durch Konventionalisierung von Verhaltensmustern
- Den Fokus auf Langfristigkeit setzen
- Kommunikation und Kultur sind interdependent
Die Unternehmenskultur muss sich laufend an externe Veränderungen anpassen und wird auch stetig von innen heraus verändert. Es gibt daher keine perfekte Kultur für jede Organisation, da sich der Kontext immer verändert.
Welchen Zugang zu Konventionalisierung von Werten, Normen und Einstellungen habt ihr? Wie wird die Unternehmenskultur in euren Organisationen gefördert? Ist der Veränderungsprozess merkbar?
Literatur:
Gabler Wirtschaftslexikon. Unternehmenskultur. Abgerufen von https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/unternehmenskultur-4964
Bolten, J. (2018). Einführung in die interkulturelle Wirtschaftskommunikation. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
Liebe Lisa,
gratuliere zu einem gelungenen Blog zum Thema Unternehmenskultur. Ich begegne in meinem beruflichen Umfeld immer wieder neuen Unternehmenskulturen, ob national oder international. Eine „gesunde“ Unternehmenskultur und das Leben nach Werten sind ein nicht unwesentlicher Beitrag zum Unternehmenserfolg. Werte, Normen und Einstellungen von MitarbeiterInnen darf man nicht ignorieren, da stimme ich dir zu. Kommunikation, auf allen Ebenen, löst sicher manche Probleme, bevor sie eskalieren.
Ich glaube auch, dass Wahrnehmung und unser Erfahrungswissen hier eine große Rolle spielen. Wir interpretieren Unbekanntes und bilden Analogien, dabei filtern wir Informationen und konstruieren für uns eine individuelle Realität. (Bolten, 2018, S. 94 f.)
Der Aufbau und die Pflege einer guten gemeinsamen Unternehmenskultur ist ein langer Prozess, an dem alle Beteiligten mitwirken müssen. Ich denke, wir müssen auch offen für Neues bleiben, so haben auch neue MitarbeiterInnen die Chance, die Unternehmenskultur mitzugestalten. Veränderungen brauchen Zeit und sind erst erfolgreich, wenn sie positiv wahrgenommen werden.
Liebe Grüße
Gaby
Bolten, J., (2018). Einführung in die Interkulturelle Wirtschaftskommunikation, Vandenhoeck & Ruprecht. Göttingen
Liebe Gaby!
Vielen Dank für deinen interessanten Input und das Teilen deiner Erfahrung!
Liebe Grüße,
Lisa