Kompetenzen entwickeln – Zukunft gestalten
Wieder eine Blogparade im Zuge meines Studiums Personalmanagement und Kompetenzentwicklung mit neuen Medien. Diesmal ist das Thema „Kompetenzen entwickeln – Zukunft gestalten“. Da bin ich doch sofort mit dabei!
Weshalb ein Wandel von der wissensorientierten zur kompetenzorientierten Gesellschaft notwendig ist, habe ich im Blogpost „Raus aus dem Silodenken, rein in die Kompetenzentwicklung“ besprochen. In dieser Blogparade widme ich mich der Frage, wie Unternehmen mit Kompetenzmanagement die Zukunft gestalten können. Damit die Leser auch aus den Blogposts der anderen Teilnehmer so viel wie möglich erfahren können, beziehen wir uns auf unterschiedliche Artikel. Ich habe „Strategisches Kompetenzmanagement von Produktionsbeschäftigten – Innovations- und Wachstumsimpulse in nicht-forschungsintensiven kleinen und mittleren Unternehmen“ von Güth, Decius, Horvat, Schaper & Virgillito gewählt. Hier nähere Details zur Blogparade.
In Innovationsdebatten werden nicht-forschungsintensive kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) übersehen, obwohl sie dank des Anwendungs- und Erfahrungswissens ihrer an- und ungelernten Produktionsbeschäftigten, innovativ und wettbewerbsfähig sein können. Ihre Innovationen bewegen sich meist im Bereich der Organisation, Produktionsprozesse, produktbegleitende Dienstleistungen, Kooperation und Vertriebswege oder Netzwerke (Güth et al., 2018, S. 34-35).
Da ein ausschlaggebender Wettbewerbsfaktor für KMUs gerade die Kompetenz der an- und ungelernten Beschäftigten ist, die hier im hohen Maße vertreten sind, hat das Verbundprojekt eine Kompetenzmanagementtabelle als Instrument zum Kompetenzbestimmung entwickelt. Die tätigkeitsrelevanten Kompetenzen werden hier in die Bereiche der fachlichen, interpersonellen, methodischen und kenntnisbezogenen Kompetenz unterteilt und eingestuft. Güth et al. stellen diese vor und situieren sie im Kontext des iterativen Kompetenzmanagementprozesses:
Ich stimme der grundsätzlichen Aussage von Güth et al. durchaus zu – auch in nicht- forschungsintensiven KMUs muss es Kompetenzmanagement geben. Gerade, wenn der Mensch der ausschlaggebende Faktor ist, muss doch auf dessen Innovationsfähigkeit, Motivation und Zufriedenheit am Arbeitsplatz geachtet werden!
Stellt euch vor, Herrn Müller wird von seinen Führungskräften bzw. der Geschäftsleitung vermittelt, dass seine persönliche Entwicklung keine Rolle spielt – seine Arbeitskraft ist jederzeit austauschbar. Ich kann mir vorstellen, er wird sich schnell nach einem neuen Job umsehen. Wahrscheinlich reichen schon ein paar Cent Gehalt mehr, um ihn abzuwerben. Frau Mustermann wird kurz nach ihm die Firma verlassen, da sie dasselbe Gefühl vermittelt bekommt. Schon werden zwei neue Arbeitnehmer*innen benötigt und HR hat wieder einiges zu tun.
Dieses Beispiel zeigt mehrere Problematiken gleichzeitig auf, die durch strategisches Kompetenzmanagement hätten vermieden werden können:
- Herr Müller und Frau Mustermann wären motivierter bei der Arbeit gewesen, ihre Wertschöpfung erhöht
- Herr Müller und Frau Mustermann hätten sich wertgeschätzt gefühlt, ihr Commitment zum Unternehmen wäre gestiegen und sie hätten die Firma nicht verlassen
- Erhöhte Fluktuation führt zu höherer Arbeitslast im HRM
- Erhöhte Fluktuation führt zu allgemein niedriger Arbeitszufriedenheit im gesamten Unternehmen
- Herr Müller und Frau Mustermann wären befähigt worden, ihr Wissen und ihre Kompetenzen strukturiert zu analysieren, dokumentieren, auszutauschen und zu entwickeln. Alleine durch die Dokumentation kann bei der Einarbeitung einer neuen Mitarbeiterin viel Zeit gespart werden!
- Wettbewerbsvorteile, die aus betriebsspezifischen Kompetenzen entstehen, sind kaum nachzuahmen!
- Sind keine Kompetenzen analysiert, können keine Kompetenz Gaps ermittelt werden und es kann nur auf Veränderungen reagiert werden – von einer Vorreiterrolle kann keine Rede sein
- Zufriedene, motivierte Mitarbeiter führen langfristig zu einer Verbesserung der Employer Brand
- Eine starke Employer Brand hilft Engpass Talente anzuziehen
- Es wäre bemerkt worden, dass Herr Müller in seiner Freizeit ehrenamtlich bei der Feuerwehr tätig ist. Das Unternehmen hätte sich externe Anbieter für die Betriebsfeuerwehr sparen können – auch außerbetriebliche Kompetenzen zählen!
- Kompetenzen der Produktionsbeschäftigten führen zu Wettbewerbsvorteilen wie hohe Qualität, Flexibilität, Liefertreue oder Effizienz (Güth et al., 2018, S. 35).
Nutzt die Chance!
Mir ist durchaus klar, dass ein bis ins kleinste Detail ausgearbeitetes Kompetenzmanagement nicht für jede einzelne Stelle machbar ist – sei es aufgrund von zu kleinen Personalabteilungen, mangelnder Unterstützung der Unternehmensleitung, mangelnder Führungskompetenz der Führungskräfte (oft der unvorbereiteten Beförderung vom Facharbeiter zur Führungskraft geschuldet),…
Doch es muss Unternehmen klar sein, welche ganz entscheidenden (manchmal überlebenswichtigen) Vorteile sie verpassen, indem sie die Kompetenzentwicklung komplett ignorieren.
Ist die Kompetenz nicht da, holt euch Hilfe!
Bei der Kompetenzdiagnostik und -entwicklung unterstützen unterschiedliche digitale Tools (in Kombination mit persönlicher Beratung) wie KODE, Compro+, Assess by Scheelen, DISG von Persolog, die Kompetenzbilanz, etc. die beim Kompetenzmanagement unterstützen. Das Verbundprojekt „Integrierte Kompetenzentwicklung im Handwerk“ der TU Braunschweig und Arbeits- Organisations- und Sozialpsychologie entwickelte beispielsweise das Kompetenznavi für Handwerksunternehmen:
Die Rolle der Empathie im Kompetenzmanagement
Einen Punkt, der mir persönlich wichtig ist, möchte ich hier noch ansprechen. Manchmal kommt Widerstand gegen Kompetenzentwicklung durch Mitarbeiter*innen. Hier muss HR einfühlsam und vorsichtig vorgehen, um niemanden vor den Kopf zu stoßen. Dieser Gegenwind kann nämlich durch Lese- und Schreibschwierigkeiten, sowie Sprach- und Verständigkeitsschwierigkeiten verursacht sein, die gerade in ungelernten Beschäftigungsgruppen häufiger vertreten sind. Doch auch hier bin ich der Meinung, dass gerade Kompetenzentwicklung den Mitarbeiter*innen dient – ein Sprachkurs kann ihnen beispielsweise verhelfen im Job, aber auch im privaten Bereich plötzlich viel selbstorganisierter handeln zu können.
Haben wir schon ein strategisches Kompetenzmanagement?
Das Fraunhofer ISI hat in einer Erhebung zur Modernisierung der Produktion drei Punkte identifiziert, die zu einem strategischen Kompetenzmanagement verhelfen (Güth et al, 2018, S. 37):
Mein Fazit
- Kein Weg führt heutzutage am Kompetenzmanagement vorbei – in welcher Form es umgesetzt werden kann, muss jedes Unternehmen für sich selbst herausfinden.
- Strategisches Kompetenzmanagement ist jedenfalls mit einem Top-down-Ansatz verbunden – das macht durchaus Sinn und braucht unbedingt einen Impuls und Unterstützung der Geschäftsführung.
- Die Methoden des Kompetenzmanagements selbst müssen operativ umsetzbar sein – bestehenden Abläufen, Schnittstellen und Prozessen müssen nahtlos daran anschließen.
- Die aktive Beteiligung der Mitarbeiter*innen ist unumgänglich, sie müssen von Anfang an im Implementierungsprozess eingebunden sein – Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation!
- Die Bedürfnisse der Mitarbeiter*innen variieren heutzutage, unterschiedliche Work- und Lifestyles (siehe vorheriger Blogpost) müssen bei der Entwicklung von Kompetenzentwicklungsmaßnahmen berücksichtigt werden.
Die Beobachtung der unterschiedlichen Work- und Lifestyle und die sich daraus ableitenden unterschiedlichen außenbetrieblichen Kompetenzen fehlen mir in der Kompetenzmanagementtabelle. Es geht hier nur um die betrieblichen Fähigkeiten. Würdet ihr die außenbetrieblichen Kompetenzen auch im Kompetenzmanagement beleuchten?
Literatur:
Güth, S., Decius, J., Horvat, D., Schaper, N. & Virgillito, A. (2018). Strategisches Kompetenzmanagement von Produktionsbeschäftigten – Innovations- und Wachstumsimpulse in nicht-forschungsintensiven kleinen und mittleren Unternehmen. In D. Ahrens & G. Molzberger (Hrsg.), Kompetenzenwicklung in analogen und digitalisierten Arbeitswelten (S. 31-52). Berlin: Springer.
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