Eine Kündigung ist mehr als „nur ein Gespräch“

Trennung = Zerwürfnis ?

Absonderung, Abtrennung, Abschied, Abkehr, Abwendung, Bruch, Lossagung, Zerwürfnis sind gemäß Duden Synonyme für den Begriff „Trennung“. Bedeutet das in der Konsequenz, dass sich ein Unternehmen bei einer Kündigung von jemandem abwendet? Sind die Rollen „Gut“ und „Böse“ klar verteilt? Ist ein Zerwürfnis vorprogrammiert?

Die Bedeutung von externen Personalfreisetzungsmaßnahmen

Die externe Personalfreisetzung, insbesondere die Kündigung von Arbeitsverhältnissen, stellt bei einem nicht nur kurz- oder mittelfristigen Personalüberhang (negativer Nettopersonalbedarf), eine oftmals unausweichliche und wirtschaftlich notwendige Personalabbaumaßnahme zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und damit der Bestandsfähigkeit des Unternehmens dar. Sie dient sohin auch dem Erhalt noch bestehender Arbeitsplätze.

Gerade in Zeiten von Finanz- und Weltwirtschaftskrisen wie zuletzt 2007/2008 oder aber aktuell durch die Corona Pandemie steigt die Zahl der Erwerbslosen rasant an. Die Zahlen des AMS zeichnen in den letzten Monaten ein allzu deutliches Bild. Im März 2020 stieg die Zahl der Arbeitssuchenden in Österreich auf 504.345 (ohne jenen in Schulungsmaßnahmen), das sind +65,7% zum Vormonat Februar. Aber auch ohne Covid19 produzieren Unternehmen Trennungen.

Trennung bedeutet Veränderung, bedeutet Bewegung auf der Beziehungsebene

Das „System Unternehmen“ reagiert wie ein Mobile, das ins Schwingen gerät, wenn dabei eine Position bewegt wird“ (Wurth, 2017, S. 5). Dabei wirkt sich jedes Handeln sowohl auf der Sach- als auch auf der Beziehungsebene aus. Viele Führungskräfte sind jedoch der Ansicht, dass in Unternehmen kein Platz für Emotionen ist. „Diese Annahme ist kontraproduktiv. Wer Emotionen aus Unternehmen heraushalten will, kann an ihnen scheitern“ (Leder, 2012, S. 79.

Sie gehen falsch in der Annahme, dass eine Trennung lediglich ein Kündigungsgespräch zum richtigen Zeitpunkt sei und unterschätzen die Auswirkungen auf den/die Betroffene/n, die Mitarbeitermotivation sowie die Arbeitgebermarke, und damit auch auf den gesamtwirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Betrachtet man darüber hinaus auch die Trends in der heutigen Arbeitswelt, so wird umso klarer, dass „Beziehungsfähigkeit“ zunehmend zur Schlüsselkompetenz für Unternehmen wird.

Trennungsprozesse sollten daher so gestaltet und gesteuert werden, dass

  • der Selbstwert des/der zu kündigenden Mitarbeiters/in gewahrt bleibt,
  • verbleibende Mitarbeiter/innen nicht demotiviert werden,
  • der Arbeitgebermarke nicht geschadet wird sowie
  • arbeitsrechtliche Risken vermieden werden.
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Bad Practice

Eine Mitarbeiterin rutscht nervös auf ihrem Sessel hin und her. Ahnt sie, was auf sie zukommt? Sie hatte sich nichts zu Schulden kommen lassen. Ihr Vorgesetzter ist nicht anwesend, er ist nicht im Büro erschienen. Eine Mitarbeiterin der Personalabteilung überreicht ihr ein Schreiben und erklärt, dass man sich von ihr aufgrund von Einsparungsmaßnahmen leider trennen müsse. Die Mitarbeiterin ist überrascht, sie hatte nicht damit gerechnet. Sie wird zu ihrem Arbeitsplatz begleitet den sie umgehend zu räumen hat. Sie wird mit sofortiger Wirkung vom Dienst freigestellt. Sie bekommt keine Möglichkeit sich von ihren Kollegen/innen zu verabschieden. Die Mitarbeiterin weint, ist enttäuscht und gekränkt. Die vorbeigehenden Kollegen/innen sind irritiert und können die Situation nicht einordnen.

Trennungsprozesse benötigen ein professionelles Projektmanagement

Trennungsprozesse müssen geplant, organisiert und durchgeführt werden und laufen nicht einfach ab. Ist die Trennungsentscheidung gefallen, folgen 3 Phasen: die Vorbereitung, das Trennungsgespräch sowie die Nachbereitung, wobei jede Phase von einer angemessenen Kommunikation begleitet werden sollte. Eine unterstützende Funktion der Personalabteilung im Trennungsprozess als interner Coach oder Moderator nutzt allen Beteiligten.

Vorbereitung

In der Vorbereitungsphase werden alle Prozessschritte bis zum tatsächlichen Ausscheiden des/der zu kündigenden Mitarbeiters/in geplant. Die direkten Vorgesetzten sind entscheidend für die Qualität der Prozesse. Ein umsichtiges Unternehmen verankert dafür einen Workflow und erstellt Checklisten zur Unterstützung. Die wesentlichsten Planungsaspekte sind dabei:

  • Festlegung von Verantwortungen und Aufgabenverteilung;
  • Klärung der arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen;
  • Festlegung der zeitlichen Abfolge der einzelnen Handlungsschritte und des Informationsflusses;
  • Vereinbarung von Umsetzungs- und Kommunikationsstrategien einschließlich Informations- und Sprachregelungen.

Gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat, so ist dieser zeitnah zu informieren. Auch ein allfälliger Sozialplan oder unterstützende Maßnahmen wie Outplacement werden bereits in der Vorbereitungsphase beschlossen.

Das Kündigungsgespräch

Das Führen von Kündigungsgesprächen liegt in der Verantwortung von Führungskräften. Der Inhalt der Trennungsbotschaft (das Wording) wurde bereits in der Phase der Vorbereitung festgelegt. Diese sollte sachlich sein, Wertschätzung vermitteln sowie transparent und verständlich den weiteren Verlauf des Trennungsprozesses (z.B. Folgegespräche, mögliche Unterstützung durch Outplacement etc.) und gegebenenfalls allfällige Optionen (z.B. einvernehmliche Auflösung) aufzeigen.

Mit den Emotionen des/der zu kündigenden Mitarbeiters/in muss entsprechend umgegangen werden. Das bedeutet die Gemütsbewegungen zu hören, zu sehen, zu respektieren sowie durch bewertungsfreies Zuhören anzunehmen und ihnen gleichzeitig mit Klarheit zu begegnen. In keinem Fall sollten diese einfach abgetan werden. Wichtig ist es aber auch klar zu signalisieren, dass diese Entscheidung sowohl von der Führungskraft als auch von der Geschäftsführung getragen wird.

Nachbereitung

Dem Kündigungsgespräch folgen idealerweise zeitnah Folgegespräche in denen alle Details (z.B. Outplacement, Resturlaub, Entgeltsansprüche, Freistellungen, Übergabe etc.) mit dem/der gekündigten Mitarbeiter/in besprochen und vereinbart werden. Neben dem Sicherstellen des Know-How-Transfers, der Einführung eines/r allfälligen neuen Mitarbeiters/in und der Umsetzung etwaiger geänderter Strukturen, sollte in dieser Phase der Fokus vor allem aber auf den verbliebenen Mitarbeiter/innen liegen.

Bei der Kommunikation an die Kollegen/innen empfiehlt es sich das Wording vorher mit dem/der Betroffenen abzustimmen. Die Emotionen können vielfältig und in kurzer Zeit stark schwankend sein. Sie benötigen nun Raum für ihre Emotionen, auch für ambivalente Gefühle, sowie Transparenz und rasche Klarheit über allfällige neue Rollen- und Aufgabenverteilungen und damit ein Gefühl von Fairness und Sicherheit. Darüber hinaus sollten sie in die nun folgenden Veränderungen aktiv einbezogen werden damit die Verbundheit mit dem Unternehmen erhalten bleibt und die Teamentwicklung gefördert wird.

Trennungsmanagement als Erfolgsfaktor

Ein betriebliches Trennungsmanagement mit gut durchdachten und überlegten Trennungsprozessen als Teil des strategischen Personalmanagements ist der entscheidende Erfolgsfaktor für die Vermeidung oder zumindest Reduzierung von materiellen und immateriellen Schäden. Das Trennungsgespräch ist dabei immer in einen gesteuerten Trennungsprozess eingebettet. Das Fundament bildet der faire und professionelle Umgang mit Trennungen, der alle Beteiligten berücksichtigt und in einer gelebten Trennungskultur manifest ist.

Wie denkt ihr darüber?

Wurdet ihr schon einmal gekündigt oder habt ihr selbst schon eine Kündigung ausgesprochen? Wie habt ihr diese Situation erlebt? Gibt es in Eurem Unternehmen vielleicht sogar ein Trennungsmanagement?

Welche Erfahrungen habt ihr gemacht? Schreibt mir einen Kommentar dazu!

Bildquelle: © Andrea Hauke


Literatur und weiterführende LINKs

https://www.diepresse.com/5793883/historischer-rekord-562522-arbeitslose-in-osterreich

https://www.ams.at/arbeitsmarktdaten-und-medien/arbeitsmarkt-daten-und-arbeitsmarkt-forschung/arbeitsmarktdaten

Alewell, D., Hauff, S., Pull, K., (2011). Handbuch Strategisches Personalmanagement. In R. Stock-Homburg (Hrsg.), Trennungsmanagement – Stand der Forschung und aktuelle empirische Befunde (S. 245-259). Wiesbaden: Gabler.

Berthel, J., Becker F. G., (2017). Personal-Management: Grundzüge für Konzeptionen betrieblicher Personalarbeit. Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag.

Leder, A., (2012). Wie Zahlenmenschen ticken: Stärken – Grenzen – Potenziale. München: Hanser.

Wurth, K., (2017). Essentials: Trennungsmanagement in Unternehmen. Trennungsprozesse in Führung und Personalwesen fair und transparent gestalten. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH.