Kritischer Abriss zur Verwendung von Social Media

In diesem Beitrag möchte ich meinen Gedanken zum Umgang mit Daten und Informationen in den Sozialen Medien und wie uns Social Media beeinflusst, freien Lauf lassen. Ich werde über Aspekte sinnieren, die bislang auf diesem Blog nicht behandelt wurden, die durchaus aber wichtig sind und überlegt werden sollten und im besten Fall zum Nachdenken anregen.

Willkommen in meinen Gedanken!

Eines ist klar, ganz gleich, wo wir uns bewegen, ständig werden Daten über uns gesammelt. Das sollte man sich noch einmal eindringlich bewusst machen. Datenschutz betrifft nicht nur unsere Daten die wir im Internet mehr oder weniger freiwillig von uns preisgeben, sondern auch Daten, die in der realen Welt erhoben werden. Nun treten viele die Flucht nach vorne an und sind der Meinung, dass das nicht erheblich sei, weil man ohnedies nichts zu verbergen hätten. Auch ich zählte lange zu diesen Stimmen.

Freilich kann man sich der Digitalisierung und all den neuen Technologien nicht, oder nur schwer entziehen. Das soll auch kein Aufruf dazu sein, alle Bonuspunktesammelkarten wegzuwerfen und sämtliche Social Media Accounts unverzüglich zu löschen. Es soll aber sehr wohl ein Aufruf dazu sein, verantwortungsvoll mit Daten umzugehen, sei es mit den eigenen, als auch mit Mitarbeiterdaten, und genau zu überlegen, wann und wo wir Daten über uns preisgeben.

Bildquelle: © Andrea Hauke

Abriss meiner Gedanken

Wir bezahlen mit Daten

Wir sind fasziniert von den vielen Apps, Tools und Möglichkeiten, die uns kostenlos zur Verfügung gestellt werden und uns einen (vermeintlichen) Mehrwert verschaffen. Kostenlos? Wie finanzieren sich dann die Softwareentwickler? Mit „Werbung“ werden jetzt viele antworten. Aber das ist leider nur die halbe Wahrheit. Selten liest sich jemand die Datenschutzbestimmungen diverser Anbieter durch, und weil man ja rasch loslegen möchte, ist schnell auf „akzeptieren“ geklickt. Die Wahrheit ist, wir bezahlen mit unseren Daten. Natürlich kennt jeder lästige Spams, die uns via E-Mail zugesandt werden, weil irgendwo unsere e-Mailadresse ausgelesen wurde. Diese erhalten wir ohne unsere Zustimmung und sind damit gesetzeswidrig. Aber davon rede ich nicht. Ich spreche auch nicht davon, dass wenn wir einen Newsletter abonnieren, oftmals auch zustimmen, Benachrichtigungen – allen voran Direktwerbung – von Partnerunternehmen zu erhalten. Profiling, wie es beispielsweise durch Verwendung der „JÖ-Kundenkarte“ betrieben wird, ist da freilich schon eine ganz andere Nummer. All dem können wir aber – teils sogar sehr einfach – widersprechen respektive die Zustimmung widerrufen.

Anonymisierte Daten sind keine Entwarnung

Das was ich meine, ist viel subtiler und funktioniert auch mit anonymisierten Daten im World Wide Web. Viele werden an dieser Stelle jetzt denken „ENTWARNUNG“. Aber mit nichten … Denn das birgt ein noch viel größeres Risiko. Algorithmen vermögen, was einem Menschen unmöglich ist. Aus der riesigen Menge an (anonymisierten) Daten (Big Data) finden Algorithmen Korrelationen unter den Millionen von Nutzern. Damit werden wir typisiert und unser Verhalten analysiert, ja sogar vorhersagbar und damit manipulierbar. Natürlich stehen dahinter immer Menschen in Unternehmen (Silicon Valley lässt grüßen), die daraus Profit schlagen. Maßgeschneiderte Werbung, die uns beispielsweise beim Surfen über den Internetbrowser angezeigt wird, ist zwar lästig, aber selten gefährlich, baut aber genau auf dieser Methodik der Korrelation auf. Dabei stammt die Werbung nicht von Google und anderen Internetbrowsern selbst, sondern von Unternehmen, die diese Massen an anonymisierten Daten kaufen und verarbeiten. Bedenklich wird es dann, wenn uns unbekannte Unternehmen, diese Daten zur Beeinflussung unseres Verhaltens verwenden und wir merken es nicht einmal.

Fremdbestimmung durch Algorithmen

Algorithmen bestimmen so, was wir sehen und steuern gezielt unsere Gefühle. Das passiert laufend in den Sozialen Medien und nicht nur wenn Facebook und Co. eine Data Leak eingestehen müssen. Das ist keine Dystopie, sondern die Realität. Sie beeinflussen unbemerkt nicht nur unser Kaufverhalten, wie das viele meinen, sondern auch unsere politische Einstellung, unser Wahlverhalten und unsere Weltanschauung, in dem sie uns ungefragt mit bestimmten, vordefinierten und auf uns speziell nach Typisierung abgestimmten Inhalten füttern. So beispielsweise im großen Stil geschehen bei der letzten US-Präsidenten-Wahl.

Behavioristische Methoden und Verhaltensmodifikation

Es ist eine Tatsache, dass Menschen, ohne dass sie es selbst merken, durch behavioristische Methoden beeinflusst werden können. Menschliches Verhalten wird dabei konditioniert. Das Prinzip folgt der klassischen Konditionierung, das bereits vor Jahrzehnten in Experimenten mit Tieren erforscht wurde, nämlich durch Belohnung. Ein klassisches Beispiel dafür ist der „Like-Button“ von Facebook. Die Belohnung ist die Ausschüttung von Dopamin durch die Reaktion auf unsere Beiträge. Gerade die Sozialen Medien verändern durch ihre Likes, Followers, Abonnenten, Tweets und Kommentarfunktionen, unser Verhalten, genauer unsere Beziehung zu einander und innerhalb der Gesellschaft. Wir legen weniger Wert darauf, in eine reale Beziehung mit unseren Mitmenschen zu treten, pflegen oberflächliche Kommunikation, provozieren um gehört zu werden und um Aufmerksamkeit zu erhalten. Wir lechzen nach Belohnung und entwickeln ein Suchtverhalten, aber gleichsam nimmt Mitgefühl und Empathie durch die naturgemäß im Internet vorhandene Distanz ab. Unbestritten verändert es unser Gehirn.

Sean Parker, der erste Präsident von Facebook zu Behaviorismus bei Facebook

Chamath Palihapitiya, dem früheren Vizepräsident für Nutzer-Wachstum bei Facebook zu Verhaltensänderungen

Verhaltensänderung und -modifikation durch oberflächliche Inhalte, Bots und Propaganda

Die Sozialen Medien kämpfen gegen den Ruf unauthentisch zu sein. Nutzer würden sich selbst besser schummeln und Neid (auf das Leben der Anderen) und Missgunst forcieren, zudem ein Verhalten fördern, dass jeglichem Diskurs entbehrt und lediglich darauf ausgerichtet ist, den anderen zu diffamieren. Nichtumsonst ist Cyber Mobbing (Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems) mittlerweile ein eigener Straftatbestand und natürlich wird selten jemand von sich selbst Fotos posten oder Storys teilen, die zeigen, dass es einem gerade nicht so gut geht, weil das Leben nicht immer (oder selten?) optimal läuft. Aber was passiert? Wir haben ständig vor Augen, dass das Leben der anderen immer um vieles Besser ist, weshalb wir uns selbst in eine Dauerschleife der Unzufriedenheit manövrieren.

Spätestens seit Lautwerden Donald Trumps kann jeder mit dem Begriff der „Fake News“ etwas anfangen. Und jeder von uns kennt die gekauften Bewertungen auf Amazon und Co. Fake People und Bots, die sich auf den sozialen Netzwerken in großer Zahl tummeln, können, genauso wie Fake News, eine Fehlvorstellung der Realität vermitteln und uns dadurch nach den Wünschen anderer beeinflussen, gleichsam ist es schwieriger, die Fake Inhalte zu erkennen, geht man doch im Glauben, mit realen Menschen zu interagieren. Gerade oberflächliche Informationen und Propaganda verbreiten sich durch die technische Möglichkeit wie dem Einsatz von Bots in den sozialen Netzwerken wie ein Lauffeuer.

Social Media und HRM: Openness, wie viel Informationen geben wir preis?

Nachdem wir das alles wissen, werden dennoch die wenigsten ihre Social Media Accounts löschen oder Alternativen wie den Thor Browser verwenden, wir bleiben beim Bewährten. Gerade wenn man im HRM mit Socialen Medien arbeitet, gibt es daher einiges, dass es zu bedenken gilt. Nachdem wir uns einen Einblick in Sachen Datenverwendung und Verhaltensmodifikation verschafft haben, stellt sich die Frage, wie wir mit der Nutzung von Daten und Informationen aufgrund von wirtschaftlichen und beruflichen Erfordernissen im HRM umgehen.

Mitarbeiterdaten sind keine freiverfügbaren Unternehmensdaten

Informationen über Mitarbeiter sind keine Daten, über die das Unternehmen frei und nach Lust und Laune verfügen kann. Sie unterliegen ebenso der DSGVO. Das gilt sowohl für die interne Verwendung und Speicherung (Stichwort: Cloud-Speicherung), und gerade auch für die Verwendung nach außen, wie Aktionen und Maßnahmen im Rahmen des Personalmarketings und Employer Brandings. Eine Verwertung und Verwendung für diese Zwecke, ohne Zustimmung des betreffenden Mitarbeiters, ist gesetzeswidrig und ist keinesfalls durch den bestehenden Arbeitsvertrag und auch nicht durch berechtigte Interessen des Unternehmens iS DSGVO gedeckt. Ebenso darf das Mitwirken der Mitarbeiter bei beispielsweise Social Media Auftritten nicht erzwungen werden, sondern muss auf freiwilliger Basis erfolgen. In diesen Fällen, sollte mit dem Mitarbeiter eine eigene, schriftliche Vereinbarung unter Berücksichtigung der regulatorischen Vorschriften aufgesetzt werden. Auch ist zu vereinbaren, in wie weit der Arbeitgeber Einfluss auf die Inhalte der Social Media Accounts der Mitarbeiter – insbesondere, wenn sie zum Zwecke des Unternehmens angelegt wurden – nehmen darf. Um die Mitarbeiter im Umgang mit Social Media im Zusammenhang mit Inhalten, die Unternehmens related sind, anzuleiten, haben wir in unserem Unternehmen beispielsweise unterstützend ein Social Media Guideline erstellt.

Performance Management

Besonders umstritten ist die Verwendung von gesammelten Mitarbeiterdaten im Rahmen des Performance Managements. Es ist ein sehr schmaler Grat, auf dem hier gewandelt wird. Jedenfalls unzulässig sind Auswertungen zu beispielsweise Krankenstände vor oder nach Feiertagen oder Überwachungsmaßnahmen wie Bildschirmaktivitäten etc. Das würde die Menschenwürde betreffen und ist somit rechtswidrig.

Brauchen wir als Personal einen Social Media Account?

Gerade im Social Recruiting und Active Sourcing über soziale Netzwerke geht es um die persönliche Ansprache im Netz und um Sichtbarkeit. Dabei ist es essentiell, dass mit Kandidaten nicht anonym, sondern auf Augenhöhe kommuniziert wird, nicht zuletzt um Wertschätzung zu vermitteln, aber auch um zu finden und gefunden zu werden. Damit bleibt es nicht aus, sich ein Social Media Profil anzulegen.

Mein Zugang ist hier, die persönliche und die berufliche Nutzung der Sozialen Medien strikt getrennt zu halten. So bietet es sich aus meiner Sicht an, Netzwerke wie XING und LinkedIn ausschließlich beruflich und auch zum Zwecke des Unternehmens zu nutzen. Man gibt zwar Information über sich preis, jedoch haben die Inhalte auf diesen Seiten einen starken beruflichen Fokus und damit sachlichen und fachlichen Charakter, untermalt mit einem überschaubaren persönlichen Touch wie Interessen und Inhalten, die man geteilt hat. Durch die Trennung lässt sich meines Erachtens auch die Masse an Inhalten und der Faktor Zeit besser handeln.

Und ganz wichtig: Regelmäßig Digital und vor allem Social Media Detoxing!


Wie denkt ihr darüber?

Worauf achtet ihr bei der Nutzung von Sozialen Medien? Wie viel wollen wir in unserer beruflichen Rolle über Social Media von uns selbst preisgeben? Wo zieht ihr die Grenze zwischen privater und beruflicher Nutzung?

Erlaubt mir einen Einblick in Eure Gedanken und schreibt mir einen Kommentar dazu!

Bildquelle: © Andrea Hauke


Ich habe Euch hier eine Linksammlung zu interessanten Beiträgen zusammengestellt

https://gizmodo.com/former-facebook-exec-you-don-t-realize-it-but-you-are-1821181133

https://www.axios.com/sean-parker-unloads-on-facebook-god-only-knows-what-its-doing-to-our-childrens-brains-1513306792-f855e7b4-4e99-4d60-8d51-2775559c2671.html

https://www.zeit.de/2014/28/facebook-manipulation-gefuehle-soziale-netzwerke

https://www.brain-effect.com/magazin/social-media-nutzung-veraendert-das-gehirn

https://www.kleinezeitung.at/lebensart/5688554/Studie_Wie-uns-SocialMediaStress-suechtig-macht

https://www.stern.de/digital/online/facebook–twitter–instagram–so-verfuehren-uns-soziale-netzwerke-8548088.html

https://www.derstandard.at/story/2000075257005/bis-zu-100-000-deutsche-teenager-suechtig-nach-sozialen-medien


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