Regionale Lebensmittel zu kaufen liegt seit Jahren im Trend. So hat man als Konsument doch gleich das Gefühl etwas Gutes getan zu haben. Doch was steckt eigentlich hinter dem Begriff Regionalität? Und kommt nicht jedes Produkt aus irgendeiner Region?

Regionalität – der Begriff

Der Begriff Regionalität ist weder geschützt noch eindeutig definiert. Ursprünglich stammen die Begriffe Region und Regionalität aus der Fachsprache von Geograph*innen und Raumplaner*innen der 1960er Jahre. Während der 1980er Jahre gewinnt Regionalität zunehmend an Bedeutung, und zwar in politischer (‚Europa der Regionen‘), ökonomischer (Regionalisierung als Gegenmodell zur Globalisierung) und soziokultureller (regionale Kultur und Identität) Hinsicht. Bei der Diskussion von Regionalität in Bezug auf Lebensmitteln muss bedacht werden, dass es einerseits keine eindeutige Definition von Regionalität gibt und andererseits eine Vielfalt an Realitäten, wie der Begriff der Regionalität wahrgenommen und verstanden wird (Weiss 2007).

Eine Möglichkeit ist, den Begriff der Regionalität auf den der Region zu stützen.

Unter Region wird grundsätzlich ein zusammenhängendes geografisches Gebiet von zumeist mittlerer Größenordnung verstanden („Definition: Region,“ 2018). Wie unterschiedlich Konsumenten den Begriff der Regionalität für sich selbst definieren, wird aus der nachfolgenden Studie ersichtlich.

Regionale Lebensmittel

In einer repräsentative Umfrage der SPECTRA Marktforschungsgesellschaft im September 2020 wurden spontane Nennungen erhoben, was ‚regional‘ in Bezug auf Lebensmittel für 1000 Probanden bedeutet. 54 Prozent der Befragten nannten „aus der unmittelbaren Region / Wohnumgebung“, weitere 21 Prozent definieren Produkte aus ganz Österreich als regional und 12 Prozent der Österreicher*innen sehen Lebensmittel, die im eigenen Bundesland produziert wurden als regional an. Das Ergebnis zeigt, wie unterschiedlich sich die diesbezügliche Wahrnehmung gestaltet (Schultz, 2021).

‚Regionalität‘ stellt das wichtigste Einkaufskriterium für Konsumenten dar und hat für fast 50% der Befragten eine äußerst große oder sehr große Bedeutung – wie die nachfolgenden Grafiken zeigen.

Die wichtigsten Einkaufskriterien bei Lebensmitteln

Frage: Was sind grundsätzlich für Sie die entscheidenden Faktoren beim Kauf von Lebensmitteln? Bitte wählen Sie die 5 wichtigsten Kriterien aus!

Grafik: Die wichtigsten Kriterien beim Lebensmitteleinkauf Statista 2021

Wichtigste Kriterien beim Lebensmitteleinkauf in Österreich 2020 (Schultz 2021).

Die Bedeutung von Regionalität beim Lebensmittelkauf

Frage: Welche Bedeutung hat für Sie der Begriff Regionalität beim Kauf von Lebensmitteln?

Die Bedeutung der Regionalität beim Lebensmitteleinkauf

Bedeutung von „Regionalität“ beim Lebensmitteleinkauf in Österreich 2020 (Schultz 2021).

Kritisch betrachtet bedeutet das Zusammenspiel aus der vagen Eingrenzung des Begriffes und unterschiedlicher Wahrnehmung sowie gleichzeig hoher Bedeutung, enorm viel Interpretationsspielraum für Lebensmittelhersteller. Dass das vor allem ein Vorteil für große Erzeuger darstellt, die im Rahmen ihrer Marketingmaßnahmen alle Möglichkeiten ausschöpfen können, ist zu vermuten. Eine klare Regelung zur Verwendung der Begriffe ‚Regionalität‘ und ‚Region‘ in Zusammenhang mit Lebensmitteln und Getränken wäre wünschenswert. So wäre das Kaufkriterium für Konsumenten transparenter und für kleinere Produzenten in der Direktvermarktung differenzierter.

Regionalität aus der Sicht von Global2000

Österreichs unabhängige Umweltschutzorganisation Global2000 setzt sich für eine spezifischere Definition in Bezug auf regionale Lebensmittel ein und definiert eine Region diesbezüglich wie folgt:

„Regionalität verweist einerseits auf die Herkunft von Lebensmitteln (z.B. Wachauer Marillen), andererseits auch auf den Absatzmarkt („dieses Produkt kommt aus meiner Region“). Als Region gilt dabei ein nationaler oder ein mehrere Staaten übergreifender Teilraum – also zum Beispiel ein Bundesland, ein Natur- oder Landschaftsraum (z.B. Wachau, Seewinkel) oder eine kleinere Raumeinheit mit kulturell-historisch verbindendem Hintergrund (z.B. das österreichisch-schweizerische Rheintal).“

(„Regional einkaufen: Was bedeutet regional?“, n.d.)

Dabei wird von Global2000 gefordert, dass eine Region nicht mit einem ganzen Land wie Österreich – so wie es beispielsweise das AMA Gütesiegel bezeichnet – gleichzusetzen ist. Als ein weiteres zentrales Kriterium wird verlangt, dass die Rohstoffe, die zur Erzeugung eines Produktes verwendet werden, ebenso aus derselben Region stammen müssen, in der diese zum finalen Produkt verarbeitet werden. Und um die Wertschöpfungskette gesamtheitlich zu betrachten muss außerdem die Vermarktung in derselben Region stattfinden („Regional einkaufen: Was bedeutet regional?“ n.d.).

Regionale Lebensmittel bezeichnen nach Global2000 somit Erzeugnisse:

  • Klar geregelter geographischer Herkunftsidentität aus einer Region (z.B. Vorarlberger Bergkäse, Seewinkler Tomaten,…).
  • Nur aus Rohstoffen derselben Region produziert und verarbeitet.
  • Absatz ausschließlich in dieser Region.
  • Die Erzeugung der Rohstoffe, deren Verarbeitung und der Vertrieb des fertigen Produkts innerhalb eines Umkreises von maximal 100 Kilometer.

Aufgepasst!

Auch ein regionales Produkt im Sinne von Global2000 ist nicht immer eine ökologisch bessere Alternative zu nicht regionalen Produkten. Denn nur weil der Transportweg nicht weit ist, bedeutet regional nicht gleichzeitig nachhaltig oder biologisch.

Was nun?

Macht es dann Sinn Produkte mit den Bezeichnung ‚Region‘ oder ‚Regionalität‘ zu kaufen? Ja grundsätzlich trotzdem, aber sieh etwas genauer hin. Achte darauf welches Land, welche Region oder Herkunft tatsächlich auf der Verpackung ausgewiesen ist. Oder ob die Produkte eine geschützte Ursprungs- bzw. Herkunftsbezeichnung aufweisen und bestenfalls aus deiner Nähe kommen, wie z.B. Weinviertel DAC oder die Wachauer Marille und am besten in Kombination. Bestenfalls in Kombination mit einem Bio-Gütesiegel.

Bist du zu selbst Produzent? Dann kannst du dich darum bemühen, selbst relevante Regionsbezeichnungen verwenden zu dürfen. Das liefert dir auch Inhalt für deine Online-Kommunikation!

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Gütesiegel

 

Quellen

Schultz E. (2021). SPECTRA Marktforschungsgesellschaft. Regionale Lebensmittel – Boost durch Corona, Dezember 2020. In Statista. https://de-1statista-1com-1wy4rx2nx00e0.han3.donau-uni.ac.at/statistik/studie/id/85399/dokument/die-wichtigsten-einkaufskriterien-bei-lebensmitteln-in-oesterreich-2020/, Abrufdatum: 12.11.2021

Weiss W. (2007). Regionalität und regionale Lebensmittel. In: Ernährungsalltag im Wandel. Springer, Wien. https://doi.org/10.1007/978-3-211-48606-1_11

Regional einkaufen: Was bedeutet regional? (n.d.). GLOBAL 2000. https://www.global2000.at/regional-einkaufen, Abrufdatum: 13.11.2021

Definition: Region. (19. Februar 2018). Gabler Wirtschaftslexikon. https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/region-46166, Abrufdatum: 13.11.2021

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