Spicy Lesson

Würzig, pikant bzw. attraktiv den Unterricht zu gestalten, ist ein Anspruch sowohl im Präsenzunterricht als auch im digitalen Lern- und Lehrprozess. Benjamin Bloom hat ein Grundgerüst des Lernens aufgestellt. Er differenziert zwischen dem kognitiven, affektiven und psychomotorischen Bereich, wobei in diesem Blogbeitrag näher auf die kognitiven Lernprozesse eingegangen wird. Die folgende Darstellung zeigt das Ordnungssystem von Bloom, das die Formulierung der Lernergebnisse verdeutlichen soll.

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Kognitive Lernzieltaxonomie

Die kognitive Lernzieltaxonomie kann als Ausbildungsweg vom Einfachen zum Schwierigen bezeichnet werden. Durch aufbauende und einander bedingende Lernstufen kann Wissen vertiefend erworben werden.

Anderson und Krathwohl (2001) haben diese Gedanken noch klarer definiert, indem sie die kognitiven Prozesse in Kategorien eingeteilt haben. Damit ist die Grundlage für die Bestimmung und Reflexion von Lern- bzw. Lehrszenarien gegeben. Speziell in digitalen Unterrichtsarrangements ist es notwendig, einen motivierten Gliederungsrahmen der Lerninhalte zu bieten.

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Gleichsam einer Vereinbarung zwischen Lernenden und Lehrenden, bietet dieser Raster der fachlichen Lernziele die Möglichkeit für Orientierung bei der Unterrichtsplanung, der Unterrichtsgestaltung und dem didaktischen Design. Er gewährleistet damit höchstmögliche Transparenz und, speziell bei der Beurteilung, Fairness. Anderson und Krathwohl nutzen für die Beschreibung der kognitiven Prozesse bewusst Verben, um zu verdeutlichen, dass der Lernende zum Handeln aufgefordert ist.

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Sowohl im Präsenzunterricht als auch bei E-Learning Arrangements geht es letztlich um die Herausforderung, dass Lernende Kompetenzen durch selbstgesteuertes Lernen erwerben. Die oben angeführte Tabelle hilft einerseits den Lehrenden, die intendierten Lernergebnisse zu verorten und andererseits den Lernenden als Selbstkontrolle, ob das Lernergebnis erreicht wurde. Die Wissensdimension ist eine optimale Ergänzung der kognitiven Prozesse. Dieser Raster kann für alle Fachgebiete angewendet werden, wobei zugleich ein hoher Abstraktionsgrad gewährleistet wird.

Die Handlungskompetenz von Lehrenden ist gefordert, die Lernziele als Sätze zu definieren, indem sie für ein Thema den kognitiven Prozess festlegen. Dieser Zuordnung entsprechend kann das Lernziel im passenden Feld der oben angeführten Tabelle verortet werden.

Baumgartner (2014, S. 41) bringt in seinem Buch unter anderem dieses Beispiel:
„Studierende sind in der Lage, die wichtigsten Theorien des didaktischen Designs zu nennen: „Nennen“ erfordert „erinnern“ und „Theorien“ entspricht „konzeptionellem Wissens“. Das Lernziel gehört daher in die Zelle B1!“

Konstruktivismus

Gehen wir noch einen Schritt weiter und stellen uns die Frage, welchen Zusammenhang es zwischen kognitiven Lernprozessen und der konstruktivistischen Didaktik gibt?

Aus Sicht des Konstruktivismus ist Lernen ein sozialer, individueller und zugleich aktiver Prozess, wobei auch Emotionen, Selbstorganisation und die Situation einbezogen gehören. Dann läuft Lernen als konstruktiver Prozess ab, wobei an bereits bekannten Wissensstrukturen angeknüpft wird. Werden die Dimensionen der kognitiven Prozesse mit den Dimensionen des Wissens stringent verknüpft, können Lehrende die eigenverantwortlichen Lernprozesse begleiten.

So zeigt sich, dass die kognitive Lernzieltaxonomie inhaltlich eng mit der konstruktivistischen Didaktik korreliert. Die Lernprozesse sind wachstumsorientiert, lernendenzentriert, partizipativ, konstruktiv, systemisch und an Handlungen objektiviert ausgerichtet. Den Lernenden wird eine optimierte Lernumgebung für ein intrinsisch motiviertes Lernergebnis geboten.

Rolf Arnold (2014) bringt im Zusammenspiel zwischen Konstruktivismus und kognitiver Lernzieltaxonomie den Begriff der Ermöglichungsdidaktik ins Spiel. Selbstgesteuertes und eigenständiges Lernen der Lernenden stehen im Mittelpunkt, wobei die Lehrenden die Rahmenbedingungen schaffen.

Somit tritt die Erzeugungsdidaktik in den Hintergrund, bei der die Lehrenden von außen Lernziele definieren und Inhalte vermitteln – gleichsam einen Trichter, mit dem Wissen zugeführt wird.

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Die kognitive Lernzieltaxonomie bietet somit ein Grundgerüst für eine ansprechende Wissensvermittlung – sodass die Lernenden sagen können, dass sie eine „spicy lesson“ haben.

Zeit für einen Cocktail 🙂

Quellen:

Grundschober, I. (2021). Lernergebnisse und Blooms Taxonomie. Abgerufen am 08.03.2021 von Lernergebnisse und Blooms Taxonomie | Isabell Goes Edu-Tech (isabellgru.eu)

Glamayer, C. (o.J.). Typen und Stufen von Lernzielen. Abgerufen am 08.03.2021 von Typen und Stufen von Lernzielen « Lehre laden (ruhr-uni-bochum.de)

Suart, T. (2017). When your objective is to write learning objectives. Abgerufen am 02.01.2021 von When your objective is to write learning objectives… – Undergraduate School of Medicine Blog (queensu.ca)

Universität Kassel (o.J.). Lernziele. Abgerufen am 03.01.2021 von Lernziele (uni-kassel.de)

Reich, K. (2005). Konstruktivistische Didaktik. Abgerufen am 03.01.2021 von Lernen als Prozess (uni-koeln.de)

Stangl, W. (o.J.). Die konstruktivistischen Lerntheorien. Abgerufen am 03.01.2021 von Arbeitsblätter

Baumgartner, P. (2014). Taxonomie von Unterrichtsmethoden: ein Plädoyer für didaktische Vielfalt (2. aktualisierte und korrigierte Auflage). Münster: Waxmann.

Rosenberger, D. (2018). Lehrlingsausbildung 4.0. Austria: myMorawa.

Arnold, R. (2014). Bausteine der Erwachsenendidaktik. Studienbrief eb 0120. TU Kaiserlautern: Kaiserlautern.

Zeit für einen Cocktail – das Rezept ist am Seitenende angeführt und dazu noch Filmtipps:

Weiterführend gibt es auch ein Lernvideo dazu

Lernvideo: 4:48 Minuten

Dazu gibt es zwei entspannende Zeichentrickfilme „Inside Out“ und „Toy Story“, die spielerisch die Taxonomie veranschaulichen.

Toy Story:  3:19 Minuten

Inside Out: 4:26 Minuten

Constructive Alignment

Das didaktische Modell des Constructive Alignments wurde bereits im Jahr 1999 von John Biggs, einem australischen Pädagogen, erstmalig veröffentlicht. Das Constructive Alignment ist bei der Planung von Lehrveranstaltungen für jegliche Altersstufe immer noch aktuell, um Lernziele, Lehr- und Lernmethoden und die Prüfungsform kohärent aufeinander abzustimmen. Der Perspektivenwechsel „Shift from Teaching To Learning“ stellt das Lernen und somit die Lernenden, und nicht das Lehren, in den Mittelpunkt eines jeden didaktischen Szenarios. Daher stehen folgende, konstruktivistische Ansätze bei der Planung der Lehre im Vordergrund:

  1. Welche Lernziele bzw. intendierte Learning Outcomes werden in der Lehre erwartet?
  2. Durch welche Prüfungsform können diese Learning Outcomes abgefragt werden?
  3. Welche Lehr- und Lernmethoden bzw. welche Lernaktivitäten können eingesetzt werden, um die Learning Outcomes zu erreichen?

Diese Abbildung veranschaulicht das Modell. Die Implementierung verspricht eine zusammenhängende und transparente Lehrveranstaltungsplanung. Diese drei Elemente werden in der Literatur gerne als das „Goldene Dreieck“ dargestellt und bieten einen Ansatz zur kompetenzorientierten Lehre, die dadurch dem Bologna-Prozess gerecht wird.

Durch dieses Verknüpfen der drei Elemente stellen Lehrende sicher, dass intendierte Learning Outcomes klar und eindeutig an die Lernenden kommuniziert werden. Learning Outcomes beschreiben, was am Ende einer Einheit bzw. Lektion gekonnt werden sollte. Je strukturierter und klarer diese mithilfe der Lernzieltaxonomien und Verben formuliert werden, desto leichter fällt den Lehrenden die Gestaltung der Lehr- und Lernmethoden sowie der Prüfungsform.

Je nach formuliertem Learning Outcome unterscheiden Biggs und Tang zwischen dem deklarativen und prozeduralen Wissen. Sollen Lernende Wissen ausschließlich verbal wiedergeben, eignen sich Lernaktivitäten wie Peer-Teaching oder Tests. Sollen Aktivitäten mit Handlungen abgeprüft werden, so sind die geforderten Tätigkeiten in die Lehre zu integrieren. Die Vorbereitung von Lernenden auf eine Prüfung ist daher stark vom angekündigten Format abhängig. Beispielsweise werden Multiple-Choice-Aufgaben leichter als offene Antwortformate empfunden, daher werden dadurch eher oberflächliche Lernstrategien ausgewählt.

Bei der Konzipierung von intendierten Learning Outcomes bedarf es einer professionellen Vorgehensweise, denn sie sollten klar, transparent und präzise formuliert werden.

Der Vorteil dieser exakten Formulierung ist eindeutig: Lernende können sich wesentlich besser orientieren, welche Kompetenzen sie in der Lehre erwerben und welche Fähigkeiten und Fertigkeiten anschließend bei der Prüfung gezeigt werden sollten. Lernende werden partizipativ und fair durch angepasste Lernaktivitäten an die Prüfungsform und somit an die intendierten Learning Outcomes herangeführt. Als Kritikpunkt wird die hohe Ergebnisorientierung des Modells konstatiert, denn das Modell wurde in den letzten Jahren immer mehr instrumentalisiert. Lehrende und Lernende wurden als Objekte dargestellt, welche ausschließlich Interventionen durchführen. Die Rolle des Lehrenden mitsamt der einhergehenden Urteilskraft und Verantwortung darf jedoch bei keinem Modelldenken verloren gehen.

Hast du Interesse an der korrekten Formulierung von Learning Outcomes? Dann haben wir den passenden Blogbeitrag für dich!

Lust auf mehr informative, didaktische Inputs? Dann viel Spaß mit unseren Literatur-Tipps!

Zeit für einen Cocktail 🙂

Literatur

Biggs, J., & Tang, C. (2011). Teaching for Quality Learning at University. New York: McGraw Hill. Abgerufen am 04. 02. 2021 von https://cetl.ppu.edu/sites/default/files/publications/-John_Biggs_and_Catherine_Tang-_Teaching_for_Quali-BookFiorg-.pdf

e-teaching.org. (2020). Constructive Alignment. Abgerufen am 06. 01. 2021 von https://www.e-teaching.org/didaktik/konzeption/constructive-alignment

Gallagher, G. (o.J.). Aligning for Learning: Including Feedback in the Constructive Alignment Model. All Ireland Journal of Teaching and Learning in Higher Education. Abgerufen am 04. 02. 2021 von http://ojs.aishe.org/index.php/aishe-j/article/view/301/504

Hoffmann, F. (2015). Constructive Alignment – 1. Ein hilfreiches Konzept für die Lehre. Didaktikblog Hohenheim – Impulse zu Hochschullhere und Lehrentwicklung. Abgerufen am 31. 01. 2021 von https://didaktikblog.uni-hohenheim.de/2015/08/constructive-alignment/

Reinmann, G. (Februar 2018). Impact Free – Journal für freie Bildungswissenschaftler. Hamburg. Abgerufen am 14. 01. 2021 von https://gabi-reinmann.de/wp-content/uploads/2018/02/Impact-Free-14.pdf

Schaperunter, N., Reis, O., Wildt, J., Horvath, E., & Bender, E. (2012). Fachgutachten zur Kompetenzorientierung in Studium und Lehre. Abgerufen am 04. 02. 2021 von https://www.hrk-nexus.de/fileadmin/redaktion/hrk-nexus/07-Downloads/07-02-Publikationen/fachgutachten_kompetenzorientierung.pdf

Wildt, J. & Wildt, B. (2011): Lernprozessorientiertes Prüfen im „Constructive Alignment”: In B. Berendt, H.-P. Voss & J. Wildt (Hrsg.), Neues Handbuch Hochschullehre, Teil H: Prüfungen und Leistungskontrollen. Weiterentwicklung des Prüfungssystems in der Konsequenz des Bologna-Prozesses (S. 1-46). Berlin: Raabe.