Marco Tamalio ist seit 2014 in der BTV beschäftigt. Zunächst war er als Privatkundenbetreuer in der BTV tätig, heute liegt sein Aufgabengebiet im Produktmanagement für das Wertpapiergeschäft. Herr Tamalio ist in der BTV Ansprechpartner rund um die Vermögensanlage.
Christian Clementi ist seit über 35 Jahren in der BTV tätig und verantwortet seit über 20 Jahren das Produktmanagement für den privaten Zahlungsverkehr der Bank. In den letzten Jahren lag der Themenfokus vor allem auf der Integration mobiler Bezahlmöglichkeiten, der Digitalisierung des Zahlungsverkehrs und der damit verbundenen Prozesse sowie eben auch der Policy zum Thema Kryptowährungen.
Marco Tamalio:
Aktuell werden keine Investitionsmöglichkeiten angeboten. Die Gründe dafür sind vielfältig. Der erste liegt in der hohen Volatilität der Kursentwicklung, die ein immenses Risiko in sich birgt. Ein Investment beispielsweise in Bitcoins ist hoch spekulativ. (Im November 2021 lag der Wert eines Bitcoins bei knapp 60.000 Euro, im Jänner 2022 bei nur mehr 30.000 Euro; Anmerkung der Redaktion) Diese Schwankungsintensität ist für uns ein Ausdruck des derzeit hohen spekulativen Elements, welches in den Kryptowährungen steckt.
Zu beobachten ist in diesem Zusammenhang, dass diese Kursbewegungen teilweise als Reaktion auf Einzelereignisse bzw. Kommentierungen einzelner, weniger Persönlichkeiten zustande kommen. Dies ist wiederum ein Ausdruck dafür, dass die Wertentwicklung noch zu wenig von fundamentalen Faktoren abhängt.
Marco Tamalio:
Die BTV ist offen gegenüber neuen Entwicklungen und al-ternativen Anlagemöglichkeiten. Aufgrund solcher Kurs-ausschläge können wir allerdings keine seriöse Empfehlung für eine sichere und stabile Wertentwicklung geben.
Marco Tamalio:
Unbedingt. So gibt es beim Rückfluss von Erträgen aus Bitcoin-Verkäufen regulatorische Schwierigkeiten, da die Mittelherkunft praktisch nicht nachzuvollziehen ist. Das ruft die Behörden und Compliance-Abteilungen auf den Plan. Hier werden sich viele Bankkunden erklären oder auch Nachweise vorlegen müssen, woher die Mittel stammen. Dazu kommen noch steuerrechtliche Aspekte, die zu beachten sind.
Werden Bitcoins innerhalb eines Jahres gekauft und wieder verkauft, dann sind diese Gewinne steuerpflichtig. Nicht alle Handelsplattformen weisen auf diese Problematik hin. Hier kann es für Anleger dann zu bösen Überraschungen kommen.
Marco Tamalio:
Neben Bitcoin gibt es noch viele andere Kryptowährungen. Aber auch dort gibt es viel zu starke Ausschläge, um eine Empfehlung aussprechen zu können. Allerdings sind wir sicher: Das ist erst der Anfang einer langen Entwicklung und vielleicht wird es bald wertbeständige Optionen geben, die Platz in unserer Anlagestrategie finden werden. Wir haben hier zudem eine klar definierte und auch gesetzlich verankerte Sorgfaltspflicht.
Marco Tamalio:
Natürlich. Wir stellen uns als BTV keineswegs gegen diese Entwicklung. Wir beobachten das Thema und den konti-nuierlichen Fortschritt schon seit längerer Zeit. In den nächsten Jahren werden weitere seriöse Handelsplattformen für Kryptowährungen entstehen, der gesetzliche und regulatorische Rahmen wird angepasst und die Sicherheit verstärkt werden. Je nach Entwicklung können Kryptowährungen in einem Portfolio der Zukunft durchaus eine Rolle spielen. Das hängt allerdings stark davon ab, wie die regulatorischen Rahmenbedingungen künftig aussehen.
Christian Clementi:
Das ist richtig. Die politische Motivation für eine gesetzlich verankerte, weitgehende Akzeptanzpflicht für Bitcoins in El Salvador ist schwer durchschaubar. Hier kann man nur spekulieren.
Fakt ist aber, dass die Kursvolatilität Bitcoins als Zahlungsmittel unattraktiv macht. Stellen Sie sich vor, sie verkaufen eine Ware und zwei Wochen später ist das vereinnahmte Geld nur mehr die Hälfte wert.
Aber mit Blick in die Zukunft, steckt in dem Thema einiges an Fantasie. Vor allem in von Zentralbanken ausgegebenen Digitalwährungen. Ich rechne damit, dass sich in fünf bis zehn Jahren einige solcher etabliert haben werden.
Christian Clementi:
Nun, das hängt von der Art und Weise ab, wie solche Währungen ausgestaltet werden. Im Grunde genommen ist die ganze Bandbreite vorstellbar – von einer Art voll anonymen, digitalem Bargeld bis zu Giralgeld, das auf Nationalbankkonten deponiert ist.
Mit Blick auf einen möglichen digitalen Euro ist es wahrscheinlich, dass bis zu bestimmten Betragsgrenzen anonyme Zahlungen möglich sein werden. Das würde auch die Akzeptanz bei der Bevölkerung deutlich erhöhen und wäre eine schöne Alternative zum physischen Bargeld.
Viel wichtiger ist allerdings der Aspekt, dass dadurch vielen Menschen, die derzeit nicht am e-commerce teilhaben können, die Möglichkeit dazu eröffnet wird. Das wäre nicht nur für diese Bevölkerungsgruppe wichtig, sondern für die Wirtschaft insgesamt ein wichtiger Impuls.
Christian Clementi:
Nein, das wird so nicht passieren. Aber er wird sich als Al-ternative zum Bargeld etablieren. Es geht nicht nur um das Bezahlen im Geschäft oder im Internet sondern auch um den möglichst einfachen Austausch von Beträgen zwischen Privatpersonen in Echtzeit. Hier bestehen schon einige Möglichkeiten, aber es gibt noch deutlich Luft nach oben.
Zudem ist der volkswirtschaftliche Aspekt nicht zu vernachlässigen, denn der Bargeldkreislauf verursacht hohe Kosten. Eine Reduktion wäre also sowohl volkswirtschaftlich als auch vom Nachhaltigkeitsgedanken begrüßenswert.
Christian Clementi:
Das ist ein weiterer Aspekt, der den digitalen Euro so inte-ressant macht. Die solchen Währungen zu Grunde liegenden Technologien wie zum Beispiel Blockchain können dazu genutzt werden, die finale Ausführung von Zahlungen an die Erfüllung gewisser Vorbedingungen zu knüpfen. Die Rede ist von sogenannten smart contracts. Das ist besonders bei Echtzeitzahlungen sehr wichtig, um die KontrahentInnen vor Betrug zu schützen.
Christian Clementi:
Nehmen wir als Beispiel den Kauf einer Leistung oder einer Ware in einem Online-Shop mit einer Digitalwährung. Die Ausführung dieser Zahlung – in Echtzeit – wird aber erst durchgeführt, wenn die HändlerIn einen digitalen Beweis für die Ausführung der Order erbringt. Die Anwendungsmöglichkeiten erscheinen hier nahezu grenzenlos.
Die Blockchain-Technologie könnte für politische Wahlen genauso verwendet werden, wie auch für Grundbücher oder ähnliches. Praktisch überall dort, wo eine Unabänderlichkeit der His-torie und keine Möglichkeit zur Korruption notwendig sind.
Es gibt viele Marktteilnehmer, die sich schon länger mit diesen Technologien beschäftigen, und es wird zukünftig noch viele interessante Produkte geben. Auch hier ergeben sich unter Umständen interessante Investmentmöglichkeiten.
Christian Clementi:
Das ist eine gute Frage. Meine Erwartung ist, dass die meisten KundInnen ihr Smartphone oder andere digitale Gadgets für den alltäglichen Zahlungsverkehr verwenden.
Viele werden ihre Bezahldaten auch auf diversen Plattformen hinterlegt haben und sich entweder biometrisch oder mit einem wearable beim Bezahlen identifizieren.
Der Bezahlvorgang wird im Alltag weitestgehend unsichtbar stattfinden. Allerdings wird Bargeld weiterhin eine Rolle spielen und vielleicht in gewissen Bevölkerungsgruppen sogar eine Art Revival erleben. Sei es aus dem Geist einer Gegenbewegung heraus oder einfach nur aus Nostalgie.
Ich bedanke mich ganz herzlich bei Marco Tamalio und Christian Clementi von der BTV Vier Länder Bank für die ausführlichen Informationen und die persönliche Expertise.
Abbildungsverzeichnis:
Bild 1: © Thomas Kern
Bild 2: © Thomas Kern
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