Die Blockchain im Peer-to-Peer Energiehandel

Die Energiewirtschaft sieht sich mit der Energiewende einer großen Herausforderung gegenüber, denn die österreichische Bundesregierung hat das ambitionierte Ziel von 100 % erneuerbare Energien bis 2030 festgelegt. Bis 2040 will Österreich klimaneutral sein. Eine mögliche Chance dieser Herausforderung zu begegnen, ist der Einsatz der Blockchain-Technologie im Peer-to-Peer Energiehandel.

Ohne eine Transformation lassen sich die Klimaziele nicht erreichen wobei natürlich außer Frage steht, dass die Versorgungssicherheit trotzdem nicht vom gewohnt hohen Niveau abweichen darf. (Christiner et al., 2020, S. 359)

Das alte Konzept der zentralen Energieerzeugung und -versorgung wird zunehmend von dezentralen Lösungen abgelöst. Experten sehen die Zukunft der E-Wirtschaft in der Blockchain-Technologie. Dieser Blogbeitrag beschreibt das mögliche Anwendungsgebiete der Blockchain-Technologie im Bereich Peer-to-Peer Energiehandel. Zum Schluss werden noch rechtliche Hürden angesprochen.

In der Energiewirtschaft zeichnet sich ein Trend zur dezentrale Erzeugung ab. Konsumierende sind zunehmend auch Produzentinnen und Produzenten. Sie erzeugen durch eine eigene Photovoltaik (PV) Anlage Strom. In diesem Zusammenhang spricht man von Prosumerinnen und Prosumern. Ihnen kommt eine immer stärkere Rolle zu. Mittels Blockchain-Technologie haben sie die Möglichkeit die selbst erzeugte Energie direkt an andere zu verkaufen. (Cioara et al., 2021, S. 24490; Christiner et al., 2020, S. 362; Schwöbel et al., 2018, S. 55; Walter et al., o. J., S. 36; Grinschuk, 2020, S. 125-126)

Smart Contract und Smart Meter als Smarte Kombi

Wie funktioniert der Peer-to-Peer Energiehandel über die Blockchain? Oder einfacher gefragt: wie soll nun der Strom von meiner Nachbarin oder meinem Nachbarn zu mir kommen? Die Antwort ist: mit Smart Contracts und der Hilfe von Smart Metern!

Bei Smart Contracts werden vorab die Bedingungen festgelegt, deren Ausführung auf Grundlage von Wenn-dann-Beziehungen funktionieren. Ist diese Grundlage geschaffen, können Smart Contracts vollautomatisiert Verträge ausführen. Die zuvor festgelegten Bedingungen werden überprüft und bei Einhaltung der Bedingungen erfolgt die Leistung. (Goudz et al., 2020, S. 8; Schwöbel et al., 2018, S. 59)

Technische Voraussetzung für einen Peer-to-Peer Energiehandel ist ein Smart Meter, auch intelligenter Stromzähler genannt. Dieser übermittelt die genauen Messwerte. Werden die Messwerte in der Blockchain festgeschrieben, ist genau dokumentiert, wie viel Energie bezogen respektive verbraucht wurde.

Smart Meter helfen dabei, Erzeugung und Verbrauch von Energie besser in Einklang zu bringen (Schwöbel et al., 2018, S. 55).

Die Verbindung von Smart Meter und der Blockchain-Technologie für die Abrechnung könnte ein Meilenstein in der Energiewirtschaft im Allgemeinen und im Peer-to-Peer Energiehandel im Besonderen sein. Wird jede einzelne erzeugte Kilowattstunden Strom in die Blockchain übertragen, hat man eine lückenlose Erfassung der Erzeugungsmenge und zugleich einen Herkunftsnachweis für den erzeugten Strom. (Goudz et al., 2020, S. 19; Schwöbel et al., 2018, S. 60)

Die Abrechnung der Stromverträge wickelt man wie gesagt über Smart Contracts ab. Als Energie-Erzeugerin oder Energie-Erzeuger könnte ich meinen erzeugten Strom ganz automatisiert dorthin verkaufen, wo ich am meisten Geld dafür bekomme. (Million, 2019, S. 48)

Hürden der Blockchain im Peer-to-Peer Energiehandel

Langfristig würde ein Peer-to-Peer Energiehandel – umgangssprachlich auch Nachbarschaftshandel – sicherlich Sinn ergeben. Zuvor müssen allerdings noch rechtliche Hürden aufgelöst werden. Die Regulierung der Anforderungen und Auflagen der Energieerzeugung müssten deutlich verschlankt werden.

Datenschutz – Muss die Blockchain vergessen lernen?

Auch der Datenschutz ist ein Hemmnis. In der Datenschutzgrundverordnung ist das Recht auf Vergessen eingeschrieben. Die Blockchain ist allerdings dafür bekannt nichts zu vergessen. Es können hier nicht einfach Teile gelöscht werden, da sich sonst die ganze Kette verändert wird. Die Wirtschaftlichkeit ist ein weiteres Problem. Im Peer-to-Peer Handel werden Kilowattstunden verkauft. Da sprechen wir von Cent-Beträgen. Da aber jede Transaktion normalerweise auch mit Transaktionskosten verbunden ist, müssten diese sich in einem extrem geringen Maß bewegen, damit unterm Strich beim Verkauf von ein paar Kilowattstunden noch etwas bleibt. (Merz, 2019, S. 232–233)

Fehlerkorrekturen trotz Unveränderbarkeit

Die Blockchain ist unveränderlich. Das wirft die Frage auf, wie man mit Fehlern bei der Eingabe von Daten umgehen kann und soll. Außerdem stellt sich auch die Frage nach der DSGVO in der Blockchain. Datenverarbeitungen müssen laut DSGVO einer verantwortlichen Person zugewiesen werden, aber wer ist das in der Blockchain? (Goudz et al., 2020, S. 37)

Peer-to-Peer Energiehandel mittels Blockchain braucht Rechtsgrundlagen

Weitere Fragen und Probleme wirft auch Schwöbel auf. Er merkt das Fehlen von einheitlichen Standards an. Zudem sieht er Schwierigkeiten in der Skalierbarkeit. Aber auch rechtliche Fragen stehen noch im Raum. So meint Schwöbel, dass Smart Contracts im derzeitigen Rechtssinn noch nicht als Verträge gelten. Das wiederum wirft auch Folgefragen nach dem Rücktrittsrecht, dem Widerrufsrecht und auch Gewährleistungsfragen auf. (Schwöbel et al., 2018, S.63-64)

Löst der Peer-to-Peer Energiehandel reguläre Energieversorger ab?

Es stellt sich bei diesem Modell die Frage: Braucht es noch Energieanbieter, oder werden diese vom Peer-to-Peer Energiehandel vollständig abgelöst? Walter et al. meinen die Energieversorger werden bleiben. Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, werden Konsumentinnen und Konsumenten wohl auch weiterhin nicht völlig auf große Energieanbieter verzichten. Die Sorge um ein vermeintliches Versorgungsrisiko überschattet die Chancen, zumindest in der Wahrnehmung der Konsumentinnen und Konsumenten. (Walter et al., o. J., S. 37)
Auch bei Energieengpässen durch schlechte Wetterbedingungen müsste wohl auch in Zukunft ein Energieversorger einspringen. Die Energiewirtschaft wird also nicht völlig auf regulärer Energieversorger verzichten können.

Die Blockchain Technologie bietet viel Potenzial im Bereich E-Wirtschaft. Noch sind allerdings technische wie auch rechtliche Herausforderungen gegeben, die es zu meistern gilt. Es bleibt aber mit Sicherheit spannend.

Wer sich genauer in das Thema Smart Contracts einlesen will, findet dazu einen großartigen Beitrag von Elzbieta Kliszcz: „Smart Contracts – Alles was man wissen muss“.

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[…] Falls du dich auch für die Erreichung der Klima- und Energieziele Österreichs interessierst, empfehle ich dir den Blogbeitrag von Dominique zum Thema „Die Blockchain im Peer-to-Peer Energiehandel“. […]

[…] Ihr interessiert euch für mehr Infos zur Blockchain in der Energiewirtschaft? Dann solltet ihr hier weiterlesen: Die Blockchain im Peer-to-Peer Energiehandel […]

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