Nachhaltigkeit bei der Käserei Woerle

Käse der Käserei Woerle
Abbildung 1: Die Käserei Woerle bietet eine Vielzahl an Produkten / Quelle: Woerle

Im Gespräch: Gerrit Woerle und Diana Reuter von der Käserei Woerle

In diesem Interview habe ich mit dem Geschäftsführer von Woerle, Gerrit Woerle,  und der Nachhaltigkeitsmanagerin, Diana Reuter, gesprochen. Wir haben uns darüber unterhalten, wie die Käserei mit dem Thema Nachhaltigkeit umgeht, und welche Maßnahmen Woerle setzt, um den CO2-Ausstoß bei der Käseherstellung zu verringern.

Die Gebrüder Woerle GmbH

Das Traditionsunternehmen Woerle zählt österreichweit zu den größten und modernsten Privatkäsereien. Gegründet wurde die Käserei Woerle vor rund 130 Jahren von Johann Baptist Woerle, einem visionären Käsemacher. Heute beschäftigt die in Henndorf ansässige Feinkäserei Woerle rund 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und vertreibt die Käsespezialitäten mittlerweile in über 70 Länder. Das Thema Nachhaltigkeit hat bei Woerle einen sehr hohen Stellenwert und wird mittels unterschiedlichsten Initiativen und Projekten umgesetzt. Im Jahr 2019 wurde der Fachbereich Nachhaltigkeit mit einer Nachhaltigkeitsmanagerin gegründet. Gemeinsam mit einem Team aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen werden Maßnahmen in Richtung Nachhaltigkeit gesetzt. Somit soll eine lebendige Nachhaltigkeitskultur entstehen und globale Herausforderungen gelöst werden ([Woerle], 2020).

Mit einem Blick auf die Woerle Website sieht man sofort, dass bei euch im Unternehmen Nachhaltigkeit einen hohen Stellenwert hat – woher kommt das?

Käserei Gebrüder Woerle: In den letzten Jahren ist Nachhaltigkeit immer mehr zu einem Modewort geworden – auf einmal ist fast alles nachhaltig. In einem Familienbetrieb wie unserem, den es schon so lange gibt, war diese Grundeinstellung schon immer da – auch wenn wir damals noch nicht von Nachhaltigkeit gesprochen haben. Für uns ist Nachhaltigkeit ein wichtiges Generationen-Denken, bei dem es nicht um kurzfristige Gewinnmaximierung geht, sondern um eine positive Entwicklung für die nächsten Generationen.

Unserer Meinung nach ist Nachhaltigkeit eher eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und die Pflicht eines jeden einzelnen etwas dazu beizutragen. Jeder kann in seinem eigenen Mikrokosmos etwas tun und wir sehen uns hier ganz stark in der Verantwortung. Gerade als Unternehmen haben wir einen größeren Aktionsradius und dadurch die Möglichkeit, mit positivem Beispiel voranzugehen und auch Partner, Lieferanten, Mitarbeiter und die regionale Bevölkerung für ein Umdenken zu motivieren. Wichtig dabei ist, intrinsisch motiviert zu sein, dies ist für uns die beste und stärkste Antriebskraft. Das merken wir bei uns selber immer wieder, denn was wir freiwillig und gerne machen, machen wir meistens auch gut. Auf dieser Basis funktionieren alle unsere Nachhaltigkeitsprojekte. Zudem sind uns Transparenz und Ehrlichkeit besonders wichtig. Denn am Ende steht auf dem Produkt unser Name – und es gibt nichts Schlimmeres, als wenn wir etwas vorgeben zu sein, was wir dann nicht sind. Für uns ist das eine Wertegeschichte.

Aufgrund des Ressourcenaufwandes (Rinder, Verarbeitung, Transport) ist ja Käse nicht unbedingt ein klimafreundliches Lebensmittel – wie geht ihr mit diesem Umstand um?

Käserei Gebrüder Woerle: Natürlich wissen wir, dass Milch und Käse aufgrund der Nutztierhaltung einen relativ hohen CO2-Rucksack mit sich bringen. Aber wir sind aus der Historie heraus schon immer ein Heumilchbetrieb. Unsere Milchlieferanten unterliegen dem Heumilchregulativ. Die Kühe werden im Sommer mit frischen Gräsern und Kräutern, und im Winter mit getrocknetem Heu gefüttert. So kommt das Futter größtenteils vom eigenen Hof. Wir haben mit 50 Kilometer rund um die Käserei ein sehr regionales Milcheinzugsgebiet. Durch die kurzen Transportwege leisten wir schon einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz. Wir optimieren laufend unsere Sammeltouren.

In den letzten Jahren haben wir uns natürlich überlegt, wie wir mit dem vorhandenen Emissionsausstoß in der Landwirtschaft umgehen. Aktuell wird gerade der CO2-Fußabdruck unserer Milch berechnet. Das ist ein sehr vielschichtiges Thema, je nachdem wo ich die Systemgrenze setze. Uns ist wichtig, dass wir dieses Thema ehrlich angehen. Wir könnten jetzt pro Tonne CO2 ein Zertifikat um ca. 4€ kaufen, wären sofort CO2 neutral und könnten sagen, wir haben unseren Teil dazu beigetragen. Aber ob dann wirklich irgendwo ein Baum gepflanzt wird, kann ich nicht kontrollieren. Uns ist es wichtig, Gutes vor Ort zu tun und die Wertschöpfung in der Region halten. Wir sind daher im Januar 2021 mit einem einzigartigen Klimaschutzprojekt gestartet: regional CO2 reduziert. Was für uns zählt – vermeiden geht vor kompensieren!

Gerrit Woerle und Diana Reuter
Geschäftsführer Gerrit Woerle und Nachhaltigkeitsmanagerin Diana Reuter / Quelle: Neumayr F.

Wie sieht denn euer Klimaschutzprojekt „regional CO2 reduziert“ aus?

Käserei Gebrüder Woerle: Wir binden unsere Bauern in den Klimaschutz mit ein. Konkret heißt das: Pro eingesparte Tonne CO2 am eigenen Betrieb zahlen wir unseren Bauern bis zu 50 €, mit dem Ziel, die CO2-Kompensation in der eigenen Wertschöpfungskette festzuhalten. Das ist ein großer Anreiz, den wir unseren Bauern bieten und es kostet natürlich nicht wenig Geld. Aber für uns ist klar, dass wir hier unseren Beitrag leisten und etwas Sinnvolles machen möchten, mit dem wir auch die regionale Landwirtschaft stärken. Im Vergleich kosten andere (inter-) nationale Ausgleichsprojekte nur zwischen 3-35 € pro Tonne CO2. Die Tatsache, dass es wirklich einfacher ist durch CO2-Zertifikate CO2-neutral zu werden, als sich aktiv mit dem Thema auseinanderzusetzen und CO2-Emissionen zu sparen – das zeigt für uns ein seltsames Bild. In unserem Projekt haben wir die Landwirte darüber informiert, mit welchen Maßnahmen sie CO2 einsparen können, beispielsweise durch Photovoltaik-Anlagen, das Pflanzen von Obstbäumen, die Ausstattung der Milchtanks mit Wärmetauschern, Erneuerung der Dämmungen alter Geschossdecken oder auch die Anschaffung eines E-Hoftracs. Das Projekt kommt sehr gut an. Im ersten Monat haben wir schon 170 Meldungen über Ideen und Maßnahmen bekommen, welche die Landwirte umsetzen möchten.

Es ist ein ganz neuer Weg, CO2 in der eigenen Wertschöpfungskette einsparen zu wollen und keine Zertifikate zu kaufen. Und das ist nicht immer ganz einfach, auch aufgrund der Vorgaben bezüglich des Emissionsrechtehandel. Wir leisten hier wirklich Pionierarbeit. Die CO2-Einsparungen müssen wir selbstverständlich belegen können. Es reicht nicht aus, einfach nur zu behaupten, dass wir CO2 einsparen. Deshalb lassen wir unser System gerade extern berechnen. Damit wir sagen können: Unser Käse ist CO2-reduziert.

Welche Aktivitäten setzt ihr sonst noch, um euren CO2-Fußabdruck zu verringern?

Käserei Gebrüder Woerle: Wir haben natürlich nicht nur bei der Landwirtschaft angesetzt, sondern auch bei uns im Unternehmen. Wir haben gerade eine riesige Photovoltaik-Anlage gebaut und jetzt kommt noch eine zweite dazu. Wir haben Wärmeschaukeln installiert, Fuhrpark-Management-Optimierungen durchgeführt und auf Ökostrom umgestellt. Wir möchten zukünftig auch unsere Mitarbeiter mehr mit in den Klimaschutz einbeziehen und arbeiten gerade an einem E-Mobilitätskonzept und Tipps zum Klimaschutz im (Büro-)Alltag.

Gibt es in diesem Bereich Zielsetzungen und weitere Aktivitäten, die ihr noch umsetzen wollt?

Käserei Gebrüder Woerle: Wir haben schon noch einige Ideen im Kopf, eine Kombination von CO2-Reduktion und Artenvielfalt. Das Klima wird immer wichtiger für die Landwirtschaft und es geht darum, sich unabhängiger von Klimakapriolen zu machen und dadurch klimaresilienter zu werden.

So kann mit einer richtig gepflanzten Hecke auf einem Feld eine Art Mikroklima entstehen. Wenn es also sehr lange trocken ist, bleibt durch die Hecke mehr Wasser im Boden gespeichert. Bei Starkregen sorgt sie dafür, dass es nicht gleich zu Überschwemmungen kommt. Dafür haben wir in Ursprung eine Versuchshecke gepflanzt und jetzt hoffen wir, dass der Versuch auch erfolgreich sein wird.
Durch die Hecke verliert der Landwirt ja eine gewisse Fläche, aber durch das neu geschaffene Mikroklima sollte insgesamt mehr Ertrag entstehen. Außerdem ist die Hecke auch für die Artenvielfalt wieder eine Rettungsinsel und zusätzlich bindet sie auch CO2. Das wäre dann also eine Win-Win-Win-Situation. Diese Idee wird gerade gemeinsam mit den Schülern der HBLA Ursprung umgesetzt und von uns finanziert, wir werden sehen, wie sie sich in den nächsten 5 Jahren entwickelt. Landwirte, die das gerne machen würden, haben sich auf jeden Fall schon gemeldet.

Unser Ziel ist es, einen klimaneutralen Käse zu produzieren. Das wird sicher noch ein paar Jahre dauern, aber ich glaube, wir sind auf einem guten Weg. Denn mit den jetzigen Maßnahmen können wir ja schon einige 1000 Tonnen CO2 einsparen.

Key takeaways: 

  • Die „einfachere“ Möglichkeit, CO2-neutral zu werden, ist der Kauf von CO2-Zertifikaten. Dabei muss sich ein Unternehmen selbst nicht einmal aktiv mit der Reduktion von CO2-Emissionen auseinandersetzen.
  • Woerle will die Wertschöpfung in der Region halten. Deshalb setzt die Käserei auch bei der Reduktion von CO2-Emissionen bei den Landwirten vor Ort sowie im Unternehmen selbst an. 

Literaturverzeichnis

[Woerle]. (2021). Gebrüder Woerle GmbH. https://www.woerle.at

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Die Käserei Woerle bietet eine Vielzahl an Produkten
Woerle (2020). Packshot. https://woerle.at 

Abbildung 2: Geschäftsführer Gerrit Woerle und Nachhaltigkeitsmanagerin Diana Reuter
Neumayr, F. (2020). Woerle. www.neumayr.cc

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