Während im B2C Bereich bereits viele Unternehmen die Vorteile der Marketing Automation erkannt haben und diese Technologie verwenden, gibt es gerade im B2B Bereich Skepsis, und man schreckt vor der Implementierung der neuen Marketing-Technologie zurück. Häufig sind es Unternehmen mit einer geringen Anzahl großer Kund*innen, sogenannter Key Accounts, die intensiv durch direkte Ansprechpartner, die sogenannten Key Account Manager betreut werden (Heinzelbecker, 2021). Viele dieser Unternehmen setzen auf das sogenannte Accound-Based Marketing. Es ist besonders erfolgsversprechend, wenn Unternehmen komplexe bzw. kundenindividuelle Produkte oder Dienstleistungen anbieten und die Kund*innen einen langen Sales Cycle durchlaufen.
Account Based Marketing – was ist das?
Aber wenden wir uns als erstes der Frage zu, was Account Based Marketing (ABM) eigentlich ist und welche Ziele es verfolgt. Account Based Marketing ist eine Marketing-Strategie, mit deren Hilfe bestehende und künftige Kund*innen intensiv durch Sales- und Marketing-Maßnahmen betreut werden. Die Kundin oder der Kunde stehen im Zentrum. Gerade die oben erwähnten Unternehmen, die mit wenigen aber dafür sehr großen Kund*innen ihr Business machen, ist Account Based Marketing eine wichtige Erfolgskomponente. Im Rahmen des ABM werden personalisierte Kampagnen ausgespielt, die weg von einer reinen „Marktorientierung“ und hin zu einem Fokus auf den einzelnen Kunden bzw. die einzelne Kundin und vor allem die Opinion Leader innerhalb dieser Unternehmen gehen. Das Ziel ist es, neue strategisch wichtige Kund*innen gezielt zu identifizieren und schlussendlich zu gewinnen sowie Bestandskund*innen auszubauen (Toushenne, o.D.).
Es stellt sich die Frage wie ABM, das auf die Individualisierung setzt, weg vom Markt hin zum Key Account von einer Technologie wie Marketing Automation, die auf die Automatisierung und Skalierung von Prozessen basiert, profitieren soll?
B2B Sales Funnel im Wandel
Gemäß einer Studie von McKinsey hat sich die Situation für
B2B Unternehmen in den letzten 7 Jahren – zusätzlich befeuert durch die
dreijährige Covid Pandemie – massiv gewandelt. So ist die Anzahl der Kanäle, über
die B2B Unternehmen im Rahmen Ihrer Customer Journey mit ihren Lieferanten in
Kontakt sind von 5 im Jahr 2016 auf 10 im Jahr 2021 gestiegen. Laut einer Studie
von McKinsey verwenden B2B Kund*innen aktuell E-Mail, Persönlichen Kontakt mit der
Verkäuferin oder dem Verkäufer, Telefon, Website bis zu Kontakten mit
Einkaufsabteilungen, Apps, digitalen Verkaufsportale, Videokonferenzen, Webchats
sowie die klassische Google Suche (McKinsey, o.D.).
Persönlicher Kontakt ja, aber nicht nur
Key Account Manager*innen, die nach wie vor behaupten, dass der persönliche Kontakt der einzig wichtige Faktor für die Kundenbeziehung ist, müssen erkennen, dass das nicht mehr den Tatsachen entspricht. Wer sich ansieht wie hoch die Erwartungshaltung von Kund*innen versus ihren Lieferanten*innen ist: real time customer service, ein einheitliches Kundenerlebnis in allen Vertriebskanälen sowie volle Rückerstattung im Fall von Mängeln, kann sich vorstellen, dass dies nur mit Hilfe von exzellentem Management zu erfüllen sind.
Kann Marketing Automation das ABM verbessern?
In einer 2022 veröffentlichten Masterarbeit wurden Brand Management und Marketing Automation erstmals als parallel laufende Prozesse definiert, die sich gegenseitig beeinflussen. Denn die Daten, die durch Marketing Automation real time gewonnen und genutzt werden, sind essentiell wichtig im Brand Management und zwar laufend (Kovanen, 2022).
Die durch Marketing Automation mögliche Personalisierung von Content ermöglicht es dem Brand Management, das Markenerlebnis auf ein neues Level zu heben (Heimbach et al., 2015). Durch die Fülle an Information für jeden Einzelnen ist Personalisierung eines der Differenzierungsmerkmale, die dafür sorgen kann, dass ein Verbraucher mit einer Marke in Beziehung tritt. (Palusuk et al., 2019)
Auch können Brand Management Aktivitäten mittels Marketing Automation getestet werden. Pre-digital wurden Marketingprogramme hauptsächlich durch Marktforschungsagenturen getestet (Kovanen, 2022).
Indem Marketing Automation und Brand Performance miteinander in Relation gesetzt werden ist es auch möglich, festzustellen an welchem Punkt des Sales Funnels die Marke zum entscheidenden Kauffaktor für den Kunden wird oder eben auch nicht (Kovanen, 2022).
Zusammenfassend können wir sagen, dass obwohl Brand Management Teil der Markenstrategie ist während es sich bei Marketing Automation um eine taktische Maßnahme handelt, beide Bereich zu jedem Zeitpunkt miteinander vernetzt werden müssen, um ein optimales Ergebnis zu erzielen.
Die Antwort lautet: wenn richtig eingesetzt, definitiv ja. Hierbei ist es hilfreich sich die Customer Journey anzusehen, denn in jeder Customer Journey gibt es Momente, die sich wiederholen. Ein Beispiel ist die Bestellung. Jeder Key Account wird irgendwann am Weg vom Interessenten zur Kundin bzw. zum Kunden eine Bestellung abgeben. Auch wird es nötig sein Key Accounts, unabhängig von der Individualität über Aktivitäten im Unternehmen zu informieren wie z.B.
Betriebsurlaub etc.
Wenn diese repetitiven Maßnahmen in der Betreuung der Key Accounts standardisiert werden, dann haben Key Account sowie Marketing Manager wiederum mehr Ressourcen, bestehende Kundenbeziehungen aktiv auszubauen und potenzielle neue Unternehmen anzusprechen.
Anbieter von Marketing Automation spezialisiert auf Account Based Marketing
Es gibt daher Anbieter von Marketing Automation Tools, die
sich speziell auf den Bereich Account Based Marketing spezialisiert haben. So
hat sich einer der Top Anbieter von Marketing Automation Software, Hub Spot, im
Jahr 2021 dazu entschieden, einen der Top Anbieter im Bereich Account Based
Marketing zu kaufen (HubSpot, o.D.).
Eine Account Based Marketing Strategie hilft außerdem
die Distanz zwischen Vertrieb und Marketing zu überwinden (Burgess et al., 2017).
Die Vorteile der Automatisierung im Rahmen einer Account Based
Marketing sind unter anderem:
·
Die Skalierbarkeit der Akquisitionsstrategie. Wenn
ein Lead erfolgreich im Sales Funnel zum Kunden wurde, dann ist es eine Überlegung
wert, ob dieser Prozess bei anderen Kunden wiederholt werden könnte.
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Ein Kürzerer Sales Cycle
·
Ein besseres Alignment zwischen Marketing und
Sales
·
Eine stärkere Kundenbindung (HubSpot, o.D.)
·
Mehr freie Ressourcen für den KAM im Fall von kritischen
Ereignissen in der Customer Journey
Es gibt aber auch Risiken der Marketing Automation im
Bereich Account Based Marketing, die man managen muss.
·
Das Uncanny Valley der Kontaktpersonen, wenn E-Mails
direkt adressiert sind und nicht mehr klar ist, ob die Nachricht vom Ansprechpartner
direkt kommt oder automatisiert war
·
Das Spamming der Key Accounts – Unprofessionell
ausgespielt kann Marketing Automation die Empfänger mit einer großen Anzahl an
Messages irritieren und sogar „zumüllen“. Die Qualität des Inhalts ist in diesem
Fall immer vor die Quantität zustellen (Corsaro et al. 2021).
Fazit
Zusammenfassend kann man sagen, dass Marketing Automation, wenn es professionell implementiert ist, gerade in der Kommunikation mit Key Accounts einen entscheidenden Beitrag zur Kundenbindung leisten kann. Strategisch wichtige Key Accounts können aus einem Mix zwischen persönlichen und digitalen Kontaktpunkten wählen und wenn dieses Kundenerlebnis positiv ist, kann das auch für die Key Account Manager eine deutliche Entlastung bedeuten.
Literaturverweise
Burgess, B. & Mann, D. (2021). A Practitioner`s Guide to Account-Based Marketing: Accelerating Growth in strategic accounts [E-Book]. Kogan Page.
Corsaro, D., Maggioni, I. & Olivierie, M.(2021). Sales and marketing automation in the post-Covid-19 scenario: value drivers in B2B relationships. Italian Journal of Marketing, 2021, 371–392.
https://link.springer.com/article/10.1007/s43039-021-00024-x
Hameed, C. (2020). Weiterentwicklung der Marketing Automation im B2B Umfeld : Lead-, Conversion- und Umsatzsteigerung am Fallbeispiel ELPRO [ ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschafte]. Digital Collection.
https://digitalcollection.zhaw.ch/handle/11475/21599
Heinzelbecker, K. (2021). Account-based Marketing mit CRM und Marketing Automation. In: Hannig, U. (eds) Marketing und Sales Automation. Springer Gabler, Wiesbaden.
https://doi.org/10.1007/978-3-658-21688-7_28
HubSpot (o.D.). Why HubSpot is Investing in Account-Based Marketing Firm Terminus.
Toushenne (o.D.) Ist Account-Based Marketing (ABM) der neue Standard im B2B-Marketing? – Ein Leitfaden mit Tipps, Tools & Beispielen https://www.toushenne.de/marketing/account-based-marketing.html
McKinsey (o.D.). The new B2B Growth Equation.
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