Interview mit Florian Edlinger: Marketing Automation in Social Media

Die Thematik der Marketing Automation hat in den letzten Jahren stark an Relevanz gewonnen. Die Möglichkeiten zur Automatisierung sind vielfältig und oft undurchsichtig. Im folgenden Interview mit dem Branchenexperten Florian Edlinger wird über Trends und Entwicklungen im Bezug auf die Automatisierungsmöglichkeiten in den sozialen Medien gesprochen.

Das Interview wurde über die Plattform Google Meet geführt und in Folge wörtlich transkripiert.

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Florian Edlinger, MSc leitet die ADMATRICA DIGITAL Agentur in Graz und ist Experte für Online Marketing. Durch seine jahrelange Praxiserfahrung und zahlreiche Weiterbildungen weiß er, wie unterschiedliche Kanäle zusammenspielen und im Zuge dessen Verkaufsprozesse optimal automatisiert werden können. Er erarbeitete bereits für zahlreiche bekannte Unternehmen Marketingkonzepte, welche jede Zielperson individuell ansprechen und damit Kampagnen optimal convertieren lassen.

Ist es sinnvoll Social Media Aktivitäten zu automatisieren?

Florian Edlinger: „Das Wichtigste ist der Blickwinkel wie man die Thematik betrachtet. Ich persönlich habe immer eine holistischen Blick auf die Basis dahinter und welche Elemente die ganze Thematik befeuern. Marketing Automation lebt vom CRM oder Customer Automation System dahinter, dort laufen am Ende die Daten des Nutzers zusammen und werden auch dort weiter verwertet. Daraus automatisiert man dann Funktionalitäten. Natürlich gibt es unzählige Möglichkeiten zu automatisieren. Wichtig ist immer der Blick auf das große Ganze. Der Kundenfokus steht im Mittelpunkt.

Natürlich sollte das „social Element“ im Social Media immer im Fokus stehen. Gewisse Punkte können automatisiert werden, gewisse Punkte sollten manuell ablaufen.

Im CRM können zum Beispiel die 100 besten Kunden gesammelt werden, welche funktionieren und einen Wert für das Unternehmen bringen. Diese Kunden werden in einer Liste zusammengefasst und automatisiert über eine Schnittstelle auf unterschiedlichen Kanälen angesprochen. Hierfür eigenen sich beispielsweise Retargeting Ads auf Facebook oder E-Mail Sequenzen.

Die direkte Kommunikation mit Kunden auf Social Media ist vermutlich besser manuell oder menschlich ablaufen zu lassen. Hier kann auch mit Hilfe von Bot Nachrichten über den Meta Messenger oder Whatsapp mit Automatisierung ausgeholfen werden.

Das Erfolgselement ist immer die Kombination aus automatisierten und manuellen Aspekten. Außerdem ist es wichtig zu betrachten, in welchem Business Bereich man sich befindet.

Wir haben gerade einen Kunden, welcher sich im B2B Bereich befindet. In dieser Branche ist es wichtig, verstärkt mit persönlichen Kommunikationselementen zu arbeiten. Wenn du eine Maschine verkaufst, welche mehrere Millionen Euro kostet, ist der persönliche Kontakt besonders wichtig. Hier könnte zum Beispiel der Klick auf eine automatisch generierte Anzeige weiterführen auf eine Website, wo der Kunde seine Kontaktdaten hinterlässt. In Folge wird eine E-Mail generiert, welche dem Kunden die Möglichkeit zu einem persönlichen Gesprächstermin gibt. Man kann relativ fein automatisieren, aber am Ende des Tages ist es das Datenmanagement, welches die Kommunikation natürlich wirken lässt.“

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Wie definierst du den Begriff Marketing Automation?

Florian Edlinger: „Ich selbst habe lange gebraucht des Thema Marketing Automation abzugrenzen. Für mich braucht Marketing Automatisierung immer ein Softwareelement, welches als zentrale Ressource dient, von der alles ausgeht. Diese fungiert als Daten Hub. Die persönliche Ansprache macht in der Marketing Automatisierung immer den entscheidenden Unterschied.

Wir arbeiten sehr stark mit Hubspot als zentrale CRM Marketing Software, welche alle Informationen verwaltet. Die Software hat die Aufgabe, das Verhalten des Kunden zu analysieren, damit der beste Nutzen für den Kunden herauskommt. Auf diese Ressource Kunde zollt dann jeder Channel ein. Im System habe ich ganz viele Profile, alle diese Datenpunkte werden in einem Profil zusammengesammelt und dann können individuelle Inhalte an den Kunden ausgespielt werden.“

Wie wichtig schätzt du die Interaktion mit Followern für den Erfolg des Social Media Channels ein?

Florian Edlinger: „Social Media definiert sich aus zwei Aspekten. Der erste Aspekt ist es dem Kunden einen Nutzen zu bieten und der zweite ist es mit dem Kunden zu interagieren und zu kommunizieren. Social Media Marketing bestimmt sich durch den manuellen Aufwand mit den Kunden interaktiv zu agieren. Ich denke die Interaktion ist ein wesentlicher Anteil. Hier gilt es herauszufinden ob automatisiert werden kann oder nicht. Dies hängt stark vom Business Modell und der Branche ab. Beispielsweise bei einem B2C Onlineshop, wo immer dasselbe passiert und immer dasselbe Produkt an ähnliche Kunden verkauft wird. Hier tut man sich leicht zu automatisieren. Du musst halt immer abwägen ob du im Bereich B2B oder B2C bist. Je nachdem musst du es individuell entwerfen.“

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Ist das Modell des klassischen Funnel Marketings noch anwendbar?

Florian Edlinger: „Dies ist ein Punkt mit dem wir uns aktuell sehr intensiv auseinandersetzen. In der Vergangenheit war es so, dass man einen Funnel hat, wo oben ein Kunde hineingeworfen wird und dieser irgendwie qualifiziert wird. Am Ende des Tages kommt dann ein relevanter Kunde heraus. Das Problem bei dieser Sicht ist aus meiner Wahrnehmung das man immer nur eine lineare Struktur hat. Du zielst hier immer darauf ab, dass es kalte oder heiße Kunden gibt, an welche die Produkte verkauft werden, im Anschluss wird der Kunde dann vergessen. Dies ist hochgradig suboptimal. Denn eigentlich beginnt das relevante Geschäftspotenzial erst danach. 

Aus Studien weiß man, dass ein Kunde der schon einmal gekauft hat und zufrieden war mit höherer Wahrscheinlichkeit wieder kauft. Deshalb setzen wir eigentlich erst danach an. Wir sehen den Funnel nicht so linear. Hier gibt es ein System, welches sich Marketing Flywheel nennt. Dies ist ein spannender Ansatz, der das klassische Funnel Konzept ablöst. Hierbei geht es darum, dass das System nicht linear gesehen wird, sondern als Kreislauf. Das kann man sich vorstellen wie einen Kreisel, welcher unterschiedliche Elemente beinhaltet. Es gibt neue Kunden, warme Kunden und heiße Kunden, welche sich gegenseitig befeuern. Wenn das Ziel des Funnels erreicht ist setzt das Marketing Flyheel wieder dort an, wo ein zufriedener Kunde wieder einen neuen Kunden ins Boot holt. Dadurch entwickelt sich eine Aufwärtsspirale. So kann man mehr aus den Kontakten herausholen. Zusammengefasst könnte man sagen, dass der klassische Funnel eher ein totes Konzept ist. In Zukunft wird es eher selbstbefeuernde Kreislaufsysteme geben.

Die Kunden springen zwischen unterschiedlichen Kanälen hin und her. Die Reise des Kunden ist vielschichtiger geworden. Heute ist es so, dass der Kunde viele Touchpoints braucht bis ein Kauf erfolgt. Dies gilt es als Unternehmen zu verstehen und für sich zu nutzen. Alle Daten werden in einem System aggregiert.“

Wie wichtig ist Brand Safety?

Florian Edlinger: „Ich denke es ist ein Unterschied in welchem Teil des Funnels man sich befindet. Für Kunden, welche sich im lower Funnel befinden kann man sehr wohl entscheiden, wo man seine Werbung platziert. Hier löst sich das Problem der Brand Saftety mehr oder weniger in Luft auf. Sobald man auf den One to One Kommunikationsweg kommt, sehe ich dieses Problem als weniger relevant, da der Kunde ohnehin direkt angesprochen wird.“

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Welche Auswirkungen werden Datenschutzaspekte in Zukunft auf Zielgruppen haben?

Florian Edlinger: „Das Thema ist hochgradig komplex, aber man kann es relativ gut vereinfachen. Wichtig ist aus Unternehmenssicht eine saubere Marketing Einwilligung zu haben, zum Beispiel das Double Opt In oder die Cookie Einwilligung. Nur damit können Kunden auch in Zukunft bespielt werden. Natürlich wird die Thematik nicht einfacher, aktuell ist es schwierig hier immer am aktuellsten Stand zu bleiben. Wir arbeiten bei unseren Kampagnen immer übersicher indem wir schauen, dass Einwilligungen immer mehrfach erfüllt sind und dass der Kunde immer die Möglichkeit hat zu sagen, dass er nichts mehr von der Brand hören will. Damit sind wir immer relativ sicher unterwegs. Wobei selbst Datenschutzanwälte selbst sagen, dass man in Österreich im Moment nie zu 100% sicher sein kann. Wenn man alles richtig macht ist man bei 80% Sicherheit und die restlichen 20% sind Risiko.“

Welche Social Media Channels werden deiner Meinung nach in 10 Jahren noch interessant sein?

Florian Edlinger: „Ganz schwer zu sagen. Zehn Jahre sind eine lange Zeit. Ich denke das die großen Player auf lange Sicht nicht verschwinden werden, weil sie so groß und mächtig sind. Was wichtig ist, ist der Blick auf neue Dinge. TikTok ist beispielweise schon stark etabliert. BeReal ist unter Umständen ein interessanter Channel für die Zukunft. Wenn man an die anderen denkt wie Whatsapp und Snapchat, werden diese bis zu einem gewissen Grad sicher weiter bestehen bleiben. Ich denke das die Großen aber mehr Chance haben länger zu bestehen.

Ein gutes Beispiel war die Plattform Clubhouse, welche für einen kurzen Zeitraum großen Hype erfahren hat, aber dann relativ schnell wieder von der Bildfläche verschwunden ist.“

Fazit

Abschließend ist aus dem Interview abzuleiten, dass die Marketing Automation alle Kanäle an einem Punkt zusammenführen sollte und ein umfangreiches Content Management System für eine erfolgreiche Automation ein Key Element darstellt.

Darüber hinaus ist es für Marketer wichtig, Aspekte wie zum Beispiel den Datenschutz, nicht außen vor zu lassen und bei Bedarf auch neue Kanäle in das Gesamtkonzept miteinzubeziehen um die Zielgruppe über unterschiedliche Kanälen hinweg optimal anzusprechen.

Vielen Dank an Florian Edlinger für die umfangreichen Einblicke in die praktische Umsetzung der Marketing Automationsmöglichkeiten.

Bildquelle Beitragsbild: Selbst erstellt

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